Was lange währt, wird endlich gut.

21. Dez 2015 | Blog

VON Kevin Windisch

Dies ist der Abschluss der Blog-Serie über die Normalverteilung. Ich möchte Sie eingangs an das Zitat von Albert Einstein erinnern: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Diese Aussage kann sehr leicht ausgehebelt werden, deswegen muss sie mit Vorsicht betrachtet werden. Ein Beispiel? Ein „Ich freue mich, euch heute zu diesem frohen Ereignis begrüßen zu dürfen!“ wird bei einer Hochzeit eine andere Reaktion hervorrufen, als bei einem Begräbnis. Trotzdem hat man exakt die gleichen Worte gesagt, also das Gleiche getan. Die Aussage von Einstein ist daher allgemeiner zu verstehen. Sie bezieht sich auf beobachtete Gesetzmäßigkeiten, die trotz besseren Wissens bei jedem neuen Versuch erneut angezweifelt werden.

 

Ein paar Beispiele, die ich persönlich als sehr plakativ empfinde: Nehmen Sie ein defektes elektronisches Gerät. Zerlegen Sie es in alle Einzelteile. Legen Sie es in eine Schachtel und warten darauf, bis es wieder zusammenwächst. Die Lehre der Entropie sagt uns, dass dieser Ausgang des Experiments höchst unwahrscheinlich ist. (Braucht man dazu überhaupt ein Gesetz, um das zu verstehen?) Beobachten Sie bitte einmal einen Strand, auf dem sich keine Menschen befinden und warten Sie, bis das Wasser zufällig Seegras anschwemmt, das folgende Phrase bildet: „Flitterwochen - Malediven 2015“. „Man“ ist sich einig, dass hinter Information eine Ratio stehen muss, deswegen wird das nicht passieren. Nehmen Sie eine Schachtel voller Buchstaben und werfen Sie diese so lange auf den Boden, bis Goethes Faust liegen bleibt, ohne manuell einzugreifen.

 

Diese Beispiele, die mir immer einfallen, wenn ich jemanden über die Makro-Evolution reden höre, sollen veranschaulichen, dass es Erwartungen gibt, die rational nicht begründbar sind. Man darf darauf hoffen und daran glauben, es gibt immerhin Religionsfreiheit, aber man wird am Ende mit ziemlicher Sicherheit enttäuscht werden. Selbiges gilt auch für die Normalverteilung. Dort, wo sie aufzufinden ist, sollte nur mehr ein zugrundeliegender Zufallsprozess als gegeben akzeptiert werden.

 

Als Anleihenspezialist sind wir als Mitarbeiter der Security KAG immer wieder mit der Frage konfrontiert, wie sich unserer Meinung nach die Zinsen entwickeln werden. Ich habe mir nun die Mühe gemacht und einmal den 10-jährigen Euro-Swap-Satz auf seine Bewegungen untersucht. Im folgenden Chart sehen Sie die Renditen der Swap-Bewegungen.


Abbildung 1: Renditen Euro-Swap 10 Jahre, Tagesdaten von 2005-2015

 

Man kann hier eine sehr symmetrische Verteilung der Renditen erkennen. Es gab mehr Tage mit starken Bewegungen, als erwartet. Das Phänomen ist unter dem Begriff „Fat-Tails“ bekannt. Außerdem hat der 10-jährige Euro-Swap eine leichte Rechtsschiefe. Diese ist aber nicht sehr stark ausgeprägt. In Summe kann man die Normalverteilung mit bloßem Auge sehr schön erkennen. Hätte ich einen längeren Zeitraum als Datenbasis genommen, wäre die Form noch schöner. Aufgrund der niedrigen Anzahl der Einzelereignisse wirkt die Kurve nicht so glatt/schön.

 

Als zweites Beispiel möchte ich noch die Renditen des „EFFAS Eur All >1y“ betrachten. Die Zinsentwicklung ist ja mitunter meist dann gefragt, wenn es um Anleihen geht. Problematisch bei der Betrachtung von Anleiherenditen ist die Duration. Da diese nicht konstant ist und gerade in den letzten Jahren sehr stark gestiegen ist, ist eine stärkere Linksschiefe zu erwarten.

 

Abbildung 2: Renditen EFFAS Eur All >1y, 10 Jahre, Tagesdaten von 2005-2015

 

Interessanterweise ist die antizipierte Linksschiefe gar nicht erkennbar. Man kann hier eine fast vollständige Übereinstimmung der Anleiherenditen und der Normalverteilung sehen. Hier kann man eigentlich nichts mehr dazu sagen. Es gibt keine Fat-Tails und keine Schiefe.

 

Als Fazit möchte ich festhalten, dass das Gesetz der Entropie universelle Gültigkeit hat und somit auch auf den Finanzmarkt übertragbar ist. Es stellt sich natürlich die Frage, wie das mit Prognosetätigkeiten vereinbar ist. Jeder Experte kann nach Gutdünken logisch argumentieren, warum Aktien steigen müssen und im gleichen Atemzug, wieso wir vor einer Korrektur stehen. Beide Argumentationslinien mögen in sich schlüssig sein. Das liegt daran, dass wir hauptsächlich mit Modellen arbeiten, die zweifelsohne wissenschaftlich, hilfreich und anerkannt sind. Aber die Welt unterscheidet sich eben von dieser Modellwelt. Nur weil eine Aussage im Rahmen eines Modells Gültigkeit besitzt, ist diese noch lange nicht auf die reale Welt übertragbar. Modelle sind gut und wichtig, wenn wir verstehen und lernen wollen, jedoch muss bei der Anwendung Acht gegeben werden.

 

Es gibt Verteilungsmuster, die nachweislich keine Prognose (über Mittelwert und Varianz hinaus) zulassen. Wenn wir in der Praxis ähnliche Muster erkennen, liegt es also Nahe, das zu akzeptieren. Es ist wichtig, die grundlegenden Gesetze dieses Planeten zu kennen, um darauf aufbauend, sich eine Meinung bilden zu können. Wird dies vernachlässigt, dann läuft man Gefahr, sich Trugschlüssen hinzugeben. Es gibt ein Zitat von Augustinus von Hippo, das mir nicht nur sehr gut gefällt, sondern auch an dieser Stelle den entscheidenden Denkanstoß liefern kann: „Richtig ist richtig, selbst, wenn niemand es tut, falsch ist falsch, selbst, wenn jeder es tut.“

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