Costa Rica
20. Nov 2018 | Blog
VON Günther Moosbauer
Inmitten Zentralamerikas, umgeben von Staaten, deren Geschichte von sozialen Unruhen, Bürgerkriegen und Diktaturen gezeichnet ist, hebt sich ein Staat ab, der erstaunliche Errungenschaften vorweisen kann - Costa Rica (spanisch für "reiche Küste").
Costa Rica hat seine Armee 1948 abgeschafft und die Neutralität ausgerufen, deckt fast 100% seines Strombedarfs aus regenerativen Quellen, hält 27% der Landesfläche unter Naturschutz, gehört zu den 20 reichsten Ländern an Biodiversität, die Einwohner haben eine höhere Lebenserwartung als jene der USA. Costa Rica besitzt eine langjährige stabile Demokratie und liegt im Ranking der Pressefreiheit unter 180 Staaten auf Platz 10 (USA 45., Mexiko 147.).
Costa Rica hat es verstanden, frühzeitig durch sozialpolitische Maßnahmen erfolgreich Unruhen vorzubeugen. Es hat die Abholzung des Regenwaldes gestoppt, dem allerdings in den Achtzigern bereits 80% des Bestandes zum Opfer gefallen waren. Seither ist der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftszweig geworden, wobei sich Costa Rica auch einen Namen unter Ökotouristen gemacht hat. Spielt die Agrarwirtschaft bezogen auf die Anzahl an Erwerbstätigen nach wie vor eine große Rolle, so ist ihr Beitrag zum BIP bereits auf 6% geschrumpft. Knapp Dreiviertel des BIPs wird im Dienstleistungssektor und 20% im Industriesektor erwirtschaftet. Das Bildungsniveau ist unter mittelamerikanischen Staaten eines der höchsten. Dass es nach einer Gallup-Umfrage auch zu den glücklichsten Ländern zählt, ist schwer zu bewerten, da hierzu auch Staaten wie Venezuela, El Salvador und Guatemala zählen. Also Staaten mit denkbar hoher Gewalttätigkeit. Gemeinsam ist diesen Staaten allerdings, dass auch jene mit nach wie vor hoher Armut eine deutliche Verbesserung der Lebenssituation in den letzten zehn Jahren erfuhren. Costa Rica erwirtschaftet heute mit seinen 4.9 Millionen Einwohnern 16.000 USD pro Kopf an Wirtschaftsleistung (zum Vergleich Österreich rund 50.000 USD) und ist nach seinem südlichen Nachbarn Panama das zweitwohlhabendste Land Mittelamerikas.
Bei den kürzlich abgehaltenen Wahlen setzte sich im April dieses Jahres der linksliberale Alvarado Quesada gegen den rechtsgerichteten und evangelikalen Prediger Alvarado Muñoz deutlich durch. Dessen Partei wurde 2005 gegründet, stellt mittlerweile die zweitstärkste Partei des Landes und hat mit seiner Ablehnung der vom Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte (CIDH) eingeforderten gleichgeschlechtlichen Ehe einen Nerv der Gesellschaft Costa Ricas getroffen. Einer Gesellschaft, die von politischen Beobachtern als „strukturell konservativ“ bezeichnet wird, die eine Trennung von Kirche und Staat ablehnt und in der, wie in weiten Teilen Mittel- und Lateinamerikas, neben der dominierenden katholischen Bevölkerung ein wachsender Zustrom der evangelikalen Kirchen zu verzeichnen ist. Mit einem Wahlsieg von 60% der linksliberalen Partei ist derzeit aber noch kein größerer Umschwung der Gesellschaft in Sicht.
Eine gegenwärtig in weiten Teilen der Welt nur zu gut bekannte Belastungsprobe stellen Flüchtlinge dar, im Falle Costa Ricas jene aus dem gewalteskalierenden nördlichen Nachbarstaat Nicaragua, inklusive rechtsgerichteter Proteste und zahlreicher kursierender Falschnachrichten.
Als auszumachende Schwächen werden eine hohe wirtschaftliche Abhängigkeit zum Haupthandelspartner USA, eine hohe Arbeitslosigkeit von 9%, ein Mangel an Facharbeitern und eine nicht adäquat entwickelte Transportinfrastruktur angeführt. Für letzteres wird als Grund das anhaltende Doppeldefizit angesehen (Haushaltsdefizit bei rund -6% und Leistungsbilanzdefizit bei rund -3,5%), das die Staatsschulden langsam aber stetig steigen lässt. Transportinfrastrukturprojekte, dessen Erfolge sich erst weit über eine Legislaturperiode hinaus einstellen, werden dabei nur unzureichend in Angriff genommen. Der neu gewählte Präsident präsentierte dazu das Vorhaben, Minister aus einer Reihe von Parteien zu ernennen und hofft dabei auf parteiübergreifende Kooperationen für langfristige Strukturreformen.
Die Bezeichnung als "Schweiz Mittelamerikas", mit der Costa Rica oft belegt wird, ist durchaus zutreffend, berücksichtigt man die besondere geopolitische und wirtschaftliche Lage. Die langjährige demokratische Vergangenheit Costa Ricas (seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit zwei kurzen Unterbrechungen) bietet dazu wohl den höchsten Erklärungswert. Der Gesamtregion ist eine ähnliche Entwicklung zu wünschen.
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