Wie kommt die Unternehmensbilanz ins Rating?

20. Dez 2019 | Blog

VON Joachim Waltl

Mit der gesetzlichen Notwendigkeit, dass das Geschäftsgebaren unseres Finanzsystems auf Bonitätsbeurteilungen aufgebaut ist, hat man Ratingagenturen ein mächtiges Instrument in die Hände gelegt. Der alphabetische Benotungsschlüssel für das Risiko von Wertpapieren und Emittenten der großen „Drei“ Agenturen Standard & Poor`s, Moody`s und Fitch hat sich in der Finanzindustrie durchgesetzt. Ob für die Berechnung der Eigenkapitalerfordernis einer Versicherung, ob für die Ermittlung risikogewichteter Aktiva einer Bank oder ob für die Beurteilung der Finanzkraft von Geschäftspartnern internationaler Konzerne, sie alle greifen auf die Ratings der großen „Drei“ zurück. Die gesetzlichen Anforderungen werden mit den Ergebnissen der Bonitätsbeurteilungen der Ratinginstitute, also den Ratings selbst, erfüllt. Allerdings irren sich die Agenturen immer wieder und waren in der Finanzkrise 2009 stark unter Beschuss, nachdem sie sogenannte Ramschpapiere, Wertpapiere schlechter Emittenten, mit guten Ratings ausgestatten hatten. Eine nähere Überprüfung ist oft wegen fehlender Transparenz nicht einfach möglich. Einschlägige Berichte, Interviews mit Rating-Analysten oder Konferenzen zeigen die Methoden und geben einen Einblick.


Moody`s verwendet für die Beurteilung der Bonität von Unternehmen einen branchenspezifischen Ansatz. Mit dieser Methode besteht nach der Ratingagentur die notwendige Flexibilität, dass sie innerhalb ihres mehrstufigen Prozesses auch branchenabhängige Informationen, Indikatoren oder Eigenheiten direkt im Emittentenrating berücksichtigen können. Moody`s Branchenansatz „Factor Industry Scorecard“ unterteilt Ratingfaktoren in Bereiche und Subfaktoren. Beispielsweise ist die Bonitätsbeurteilung von Pharmazieunternehmen zu 40% vom Bereich Geschäftsrisikoprofil und nur zu 25% von Solvenz-Kennzahlen abhängig.

 

Quelle: Moody`s

 

Somit tragen Patente, Medikamenten-Pipelines oder Medikamenten-Portfolio wesentlich mehr als aktuelle Bilanzen, Eigenkapital und Gewinne zur Bonitätsbeurteilung von Pharmazieunternehmen bei. Diese qualitativen Faktoren sind meiner Meinung nach schwer zu bemessen und beeinflussen dennoch fast doppelt so stark das Rating eines Pharmazieunternehmens als Bilanzkennzahlen. Anders sieht dies beispielsweise bei Versorgern, Industrieunternehmen oder bei Einzelhandelsunternehmen aus. Hier beeinflussen die Finanzdaten der Unternehmen immerhin 40-45% des Ratings. Die nachfolgende Grafik zeigt den Unterschied der Gewichtung der Solvenz-Kennzahlen nach Branchen gemäß Moody`s Ansatz.

 

Quelle: Moody`s, Security KAG


Über alle Branchen hat Moody`s in Summe 25 allgemeine Bilanzkennzahlen und 10 branchenspezifische Kennzahlen in Verwendung. Je nach Branche kommen aber höchstens 5 Kennzahlen, jene mit denen die Bonitätsbeurteilung eines Unternehmens innerhalb der Branche nach der Ratingagentur am besten erklärt werden kann, zur Anwendung. Am häufigsten verwendet Moody`s die drei klassischen Solvenz-Kennzahlen: Verschuldung/EBITDA, operativer Erfolg/Zinsen und Cashflow/Nettoverschuldung.


Zum Vergleich betrachtet die Ratingagentur Standard & Poor`s die Branchen eigenständig. Über die Wettbewerbsposition des einzelnen Unternehmens innerhalb der Branche stellt Standard und Poor`s die Verbindung zwischen Emittenten und Branche her. Das Ergebnis dieser Matrix bildet das Geschäftsrisikoprofil eines Unternehmens. Die Bonitätsbeurteilung von Standard & Poor`s setzt sich somit aus einer separaten Einschätzung des Geschäftsrisikos und einer separaten Einschätzung des Finanzrisikos eines Unternehmens zusammen. Deshalb können Unternehmen bei einer starken Wettbewerbsposition mit einem hervorragenden Geschäftsrisikoprofil auch mit einer hohen Verschuldung ein gutes Rating bekommen.


Obwohl qualitative Faktoren wichtig für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens sind, legen wir bei der Beurteilung innerhalb des internen Ratingverfahrens unseren Fokus auf quantitative Faktoren und überprüfen, ob die finanziellen Mittel der Unternehmen ausreichen, um Zahlungsverpflichtungen wie Zinsen und Tilgungen nachkommen zu können. Die Security KAG verwendet dabei sechs klassische Solvenz-Kennzahlen und empirische Formeln aus Finanzkennzahlen, die es erlauben, Bilanzmanipulationen und potentielle Finanzmanipulatoren zu erkennen. Im Anschluss erweitern wir unser internes Ratingverfahren um eine Detailanalyse und überprüfen, ob es sich tatsächlich um eine Manipulation handelt oder nicht. Damit überprüfen wir laufend die Gültigkeit der Bilanzfaktoren offizieller Ratings.

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