Der Pool soll sich füllen!

10. Dez 2021 | Blog

VON Alfred Kober

Nicht erst seit diesen Tagen dominiert die Kombination aus hohen Asset-Preisen und niedrigen Zinsen die Schlagzeilen der Medienlandschaft. Worüber wenig geschrieben wird, ist das offensichtliche Austrocknen des Pools an börsengelisteten Unternehmen. Ich nehme dabei definitiv nicht die Perspektive eines auf österreichische Aktien fokussierten Investors ein – das ist ein eigenes, recht zermürbendes Kapitel. Nein, viel mehr interessiert mich die Entwicklung an den größeren Kapitalmärkten. Mit dem Blick nach vorne beschäftigt sich dieser Beitrag vor allem mit potentiell künftigen Börse-Kandidaten. Bevor ich dazu über gehe, möchte ich allerdings noch einen kurzen Blick in den Rückspiegel werfen.

 

Für mich ist es schon erstaunlich, dass nach Jahrzehnten des unternehmerischen Drangs an die Börse das Thema -Börsengänge- in der Tat immer mehr abzukühlen scheint. Vielen von uns ist nicht bewusst, dass die Anzahl an Börsennotizen in den letzten beiden Jahrzehnten rapide abgenommen hat. Dem gegenüber stehen Kurse in Rekordhöhe, rasant anwachsende globale Kapitalvolumina und der seit Jahren nachvollziehbare Drang, in Realwerte zu investieren.

 

Die Verlaufs-Darstellung in Abbildung 1 veranschaulicht anhand dreier Länderbeispiele die Anzahl an börsengelisteten Unternehmen. Der Trend ist augenscheinlich und was für die verschlafenen europäischen Kapitalmärkte gilt, ist ebenso valide für den großen Bruder am anderen Ufer des Atlantiks. In den letzten 25 Jahren hat sich die Anzahl an Börsenunternehmen in etwa halbiert. In den USA von über 8000 Titel auf rd. 4200 und in Deutschland bzw. Frankreich von 761 bzw. 1185 auf nunmehr 438 bzw. 457. Parallel dazu hat sich die Kapitalisierungsgröße der gesamten gelisteten Aktien (Verhältnis zum BIP) ungefähr verdoppelt. Also immer weniger investierbare Titel, die allerdings um ein Vielfaches größer sind.

 

Der IT-Sektor steht als Sinnbild für den Konzentrationsprozess, der seit vielen Jahren im Gange ist. Bedauerlicherweise ist dabei Europa komplett ins Hintertreffen geraten. Der Prozess gestaltet sich ganz nach dem Motto: Wer über ein interessantes Portfolio an Produkten/Know-How verfügt, kann sich sehr wahrscheinlich über ein attraktives Kaufangebot von einem der größeren Mitbewerber freuen. M&A ist die eine Seite der Medaille, die auch momentan richtig boomt. Die andere Seite ist in einem außerordentlich stark wachsenden Privat-Markt zu finden. Unternehmen bleiben tendenziell länger im Private-Equity Stadium bzw. versuchen als Privat-Unternehmen tendenziell größer zu werden, bevor der finale Schritt eines Börsen-Exits vollzogen wird.

 

Dazu passt auch gut, dass der exklusive Begriff „Einhorn“, der für ein Start-Up Unternehmen mit einer Bewertung >1 Mrd. USD steht, gar nicht mehr so exklusiv ist. Mehr als 800 Einhörner warten derzeit darauf, losgelassen zu werden. Dass 35 daraus mit mehr als 10 Mrd. USD bewertet werden, zeigt die Dimension, die dieses Segment mittlerweile angenommen hat. Im Wesentlichen teilen sich die USA und China den Kuchen auf (Tabelle 1) – einige davon, wie Bytedance, SpaceX, Epic Games etc. sind uns/unseren Kids bereits jetzt, vor dem „Public Offering“, ein Begriff. Europa ist lediglich mit 5 Unternehmen vertreten (Klarna, Revolut, Celonis, Checkout.com, Global Switch), aber immerhin.

 

Positiv stimmt mich, dass sich im breiteren Segment der klassischen Einhörner dann doch noch mehrere europäische Namen tummeln (Abbildung 2). Vor allem auch, dass es einige Startups aus dem mitteleuropäischen Raum geschafft haben, eine für den Kapitalmarkt ernstzunehmende Größe zu erreichen. 

 

 

Nach all den schleppenden Jahren und der zähen Zeit in Bezug auf europäische Aktien ist zumindest ein Silberstreifen am Horizont erkennbar. Das Privat-Markt Segment in Europa wird zunehmend erwachsen. An dieser Stelle bleibt zu hoffen, dass mit dieser begrüßenswerten Entwicklung auch die entsprechende Veranlagungskultur einhergeht. Die Zeit kurz vor der Jahrtausendwende ist noch in meinen Erinnerungen präsent. Auch damals brodelte die Startup-Szene und einige Gesellschaften vollzogen den Sprung an die Börse. Mit den Turbulenzen am Aktienmarkt zu dieser Zeit stoppte allerdings auch der Geldfluss, der so notwendig ist für kapitalhungrige dynamisch wachsende Unternehmen. Für viele der Titel war damit das Ende auch wieder rasch besiegelt. Es brauchte viele Jahre, bis sich kontinentaleuropäische Investoren dem Thema wieder öffneten.

 

Angesichts des Zinsumfeldes und der sehr hohen Staats-Schuldenniveaus ist der Run auf Realwerte, wie es Aktien/Unternehmensbeteiligungen sind, nur allzu verständlich. Angesichts dessen bin ich guter Hoffnung, dass sich der Pool an börsengelisteten Unternehmen wieder sukzessive füllt und damit sämtliche Investoren die Möglichkeit bekommen, sich an einer prosperierenden Zukunft zu beteiligen.

Referenzen:

CB Insights, Download: 9.12.2021

Statista, Download: 9.12.2021

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