England und die USA haben zwei Gesichter

17. Apr 2015 | Blog

VON Josef Obergantschnig

Großbritannien wählt Anfang Mai. In der heißen Phase des Wahlkampfs tun sich zwei Parallelwelten auf. Auf der einen Seite rühmt sich Tory-Schatzmeister George Osborn, seinen Landsleuten durch ein striktes Sparprogramm die höchste Wachstumsrate in Europa verschafft zu haben. Osborne verspricht im Falle eines Wahlsieges der Tories, dass seiner Einschätzung nach bei einem Beibehalten des gegenwärtigen Kurses das Königreich bis 2030 zum reichsten Land der Welt aufsteigen könnte. Die City of London – jener Ort, der als wichtigstes Finanzzentrum Europas bezeichnet werden kann – applaudiert artig. Seit dem Crash sind die Gewinne exorbitant stark angestiegen. Prognosen zufolge, könnte innerhalb der kommenden drei Jahre die Zahl der Dollar-Millionäre eine Million übersteigen.

 

Das ist allerdings nur die eine Seite der Medaille. Die Opposition, die Kirche und karitative Verbände schlagen Alarm. Mittlerweile müssen mehr als eine Million Briten von Wohlfahrts-Organisationen am Leben erhalten werden. Und über mehreren Millionen schweben bereits Gewitterwolken, da sie nur eine einzige unerwartete Rechnung oder eine Zinserhöhung vom privaten Bankrott entfernt sind. Die Joseph-Rountree-Stiftung gibt an, dass acht Millionen Briten über „weniger als minimal erforderliche Einkünfte“ verfügen. Bei 53 Millionen Einwohnern ist das eine beträchtliche Zahl! In London werden viele aufgrund von Niedriglöhnen oder Teilzeitarbeit in Kombination mit exorbitant hohen Mieten dazu gezwungen, sich mit wildfremden Personen nicht nur die Wohnung sondern auch das Zimmer zu teilen.

 

In dieselbe Kerbe schlägt eine aktuelle Analyse der Credit Suisse. Dem Bericht ist zu entnehmen, dass Großbritannien das einzige G7-Land ist, in welchem sich die soziale Ungleichheit in diesem Jahr deutlich verschärft hat. Sollte sich Cameron im Mai im Amt halten können, ist davon auszugehen, dass weitere Einsparungen im Sozialbereich vor der Türe stehen. Es wird damit gerechnet, dass Schatzkanzler Osborne in den nächsten zwei Jahren 12 Milliarden Pfund im Jahr und damit doppelt soviel wie bisher vom Sozialstaat streichen will.

 

Die USA kämpft gegenwärtig mit ähnlichen Problemen. Auch hier ist den Medien zu entnehmen, dass sich die US-Wirtschaft in den vergangenen Jahren deutlich erholt hat. Trotz des Wirtschaftswachstums gibt es allerdings auch hier Schattenseiten. Anbei ein paar Zahlen:

 

- 24% der Amerikaner haben mehr Kreditkartenschulden als Sparguthaben
- 40% der Amerikaner sind nicht in der Lage, im Notfall USD 2.000 aufbringen zu können
- 36% der Arbeitnehmer haben weniger als USD 1000 Finanzvermögen
- Erwachsene im Alter von unter 35 Jahren haben eine Sparquote von minus 2% und laufen damit Gefahr, schrittweise in die Schuldenfalle zu tappen
- 52% der Amerikaner können sich das Haus nicht leisten
- der durchschnittliche Haushalt in den USA hat Schulden von mehr als USD 200.000

 

Diese Fakten erfordern großes politisches Fingerspitzengefühl. Durch das Auseinanderklaffen der Schere besteht einerseits die Gefahr von sozialen Unruhen zwischen den beiden Gruppen. Andererseits sind die Staaten hoch verschuldet und das Wirtschaftswachstum ist (zumindest teilweise) auf Pump aufgebaut und steht damit auf unsicherem Terrain. Insofern sind die aktuell handelnden Personen auch angehalten, den Staatshaushalt in Ordnung zu bringen. Und das ist im Regelfall mit Einsparungen verbunden. Infolgedessen ist dieser Spagat alles andere als eine leichte Aufgabe. Zudem wird für mich wieder einmal offensichtlich dargelegt, dass das Wirtschaftswachstum nur eine eingeschränkte Betrachtung auf das große Ganze darstellt und nicht den Wohlstand eines Landes oder die Zufriedenheit der einzelnen Bürger widerspiegelt.

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