China sendet Schockwellen in die weltweite Finanzwirtschaft
28. Aug 2015 | Blog
VON Alfred Kober
Anlassbezogen möchte ich diesen Blog den Verwerfungen an den internationalen Aktienmärkten widmen, die wir in dieser Woche auf einer mehr oder weniger leidvollen Weise miterleben durften. Zweifelsohne reihen sich die Kursabstürze und Gegenbewegungen der letzten Tage und Wochen in die unrühmliche Liste der heftigsten Kursbewegungen der vergangenen Jahrzehnte ein. Während die schaurigsten Schlagzeilen durch die Medienlandschaft jagen, versuche ich in meinen kurzen Ausführungen ein wenig Orientierung und Objektivität in dieses Thema zu bringen.
Die momentan verworrene Situation an den Kapitalmärkten baut auf eine Vielzahl von Einflussfaktoren auf, die seit Monaten den Unsicherheitspegel an den Kapitalmärkten hoch halten. An vorderster Stelle reihen sich die massiven Geldschwemmen der internationalen Notenbanken ein, die die Kapitalmarktzinsen auf ein extrem geringes und teils negatives Niveau gedrückt haben. Über die Funktion der Cash-Flow-Diskontierung und der Tatsache, dass in diesem Zusammenhang Zinsen eine zentrale Rolle spielen, ist der Marktwert von nahezu sämtlichen Assets gestiegen und die impliziten Renditen gesunken. Ein weiterer belastender Faktor ist den massiv gesunkenen Rohstoff- und Energiepreisen zuzuschreiben. Während der Konsument Nutznießer der niedrigeren Preise ist, drücken diese aktienseitig auf Unternehmen, die in den Sektoren Energie, Basismaterialien/Rohstoffen und Versorger tätig sind. Die niedrigeren Kurse und die gesunkene Ertragskraft haben sich in den letzten Monaten bereits in massiven Kursabschlägen von Unternehmen dieser Sektoren manifestiert.
Parallel dazu leiden auch viele der Emerging-Market-Staaten, deren Abhängigkeiten zum Rohstoffsektor in der Regel sehr hoch sind und aus diesem Grund vielfach mit sinkenden Staatseinnahmen konfrontiert sind. Zudem verzeichnet ein doch erheblicher Teil der Emerging-Market-Länder teils massive Leistungsbilanzdefizite, die diese Volkswirtschaften abhängig und vor allem auch auf der Währungsseite anfällig machen. Genau diese Entwicklung durchlebten viele der weniger entwickelten Länder in den letzten Quartalen. Von Brasilien über Russland bis hin zu den asiatischen Ländern sind die Verluste auf der Währungsseite und Aktienseite zum Teil massiv.
Verstärkung fand dieser Verlauf von der im Raum stehenden Zinserhöhung in den USA, die den US-Dollar für viele Investoren wieder in einem attraktiveren Licht erscheinen lässt und erhebliche Kapitalflüsse zurück in die Hartwährungsländer, wenn es die überhaupt noch geben mag, erwarten lässt. Die teils massiven Währungsabwertungen in den letzten 12 Monaten (Brasilianischer Real ~30%, Russischer Rubel ~65%, Türkische Lira 17% etc.) und die Verstärkung dieses Trends in den letzten Monaten, vor allem auch im asiatischen Raum, haben in den vergangenen Monaten die chinesische Volkswirtschaft als Exportnation erheblich geschwächt und die Lokalpolitik unter Zugzwang gesetzt.
Bis zuletzt haben sich die Aktienkurse in China von diesem konjunkturellen Trend unbeeindruckt gezeigt – immerhin verdoppelten sich die Notizen in den 12 Monaten bis zum Juni dieses Jahres. Erst als die Wachstumsverlangsamung offensichtlich wurde, die Währungskoppelung zum US Dollar zu erheblichen Problemen vieler Exporteure mutierte und die aufgeschaukelten Aktienkurse korrigierten, sah sich die Politik gezwungen, auch währungsseitig erste Schritte zu setzen und die Währung gegenüber dem US-Dollar ein klein wenig abzuschwächen (siehe Grafik).
Quelle: Economist, Reuters
Damit war der berühmte „Schmetterlingsschlag in China“ gegeben, der, isoliert betrachtet, relativ unbedeutend erscheint, allerdings ausreichte, um doch erhebliche Schockwellen in die internationale Börsenlandschaft zu senden. Sprichwörtlich ist die „Katze nun aus dem Sack“. Die Aktienkurse in China, gemessen am Shanghai Composite Index, haben seit Mitte Juni 45% an Börsenwert verloren und die Bewertung vieler westlicher Aktienmärkte erscheint nach den letzten Kursverlusten durchaus als attraktiv. Dies setzt natürlich voraus, dass die Weltkonjunktur nicht in die nächste Katastrophe schlittert – aktuell ist diesbezüglich kein Anzeichen zu erkennen.
Die Heftigkeit der Aktienkursverluste, nicht nur in China sondern auch hierzulande in Europa, war ungewöhnlich hoch. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass der Montag zu den Handelstagen mit den stärksten Kursverlusten in den vergangenen 40 Jahren zählt. Die nachstehende Tabelle gibt einen recht guten Überblick über diese „schwarzen Börsentage“ und führt zudem die darauffolgende Kursentwicklung gemessen auf 1-Tag, 1-Woche, 1-, 3-, 6-Monate und ein Jahr nach diesen Ausnahmetagen an.
Quelle: Morgan Stanley
Während die Liste von Handelstagen rund um den Börsenkrach 1987 und der Periode der letzten Finanzkrise 2007/2008 dominiert wird, reiht sich der Montag mit einem Kursverlust von 4,71% im oberen Mittelfeld an Stelle 21 ein. Vom Standpunkt des Markttimings zählen diese „Crash-Tage“ durchaus zu guten Einstiegszeitpunkten. In beinahe 80% der darauffolgenden 12-Monatsperioden legten Aktienkurse europäischer Unternehmen zu und stiegen dabei im Durchschnitt um 7,8%. An dieser Stelle möchte ich allerdings auf die geringe Grundmenge bzw. die geringe Qualität dieser statistischen Aussage hinweisen.
Ein weiterer sehr interessanter Aspekt, der meiner Meinung nach einen erheblichen Einfluss auf die Aktienmarktbewegung von Freitag auf den Montag ausgeübt hat, ist in der nachstehenden Grafik ablesbar. Dieser Chart spiegelt die Positionierung der nordamerikanischen Future-Fonds wider, die vorranging nach einem fest definierten Regelwerk agieren und in diesem Rahmen meist als Trendfolger ausgestaltet sind.
Vielfach werden dabei recht einfache Handelsregeln umgesetzt, wie etwa die Ausrichtung nach den Kurstiefs und –hochs einer bestimmten Periode (beispielsweise 100 Tage). Für gewöhnlich kann sich diese Kategorie an Fonds beidseitig positionieren, also sowohl auf steigende (long) als auch auf sinkende (short) Märkte „wetten“. Das Pikante dabei ist die Ausrichtung dieser Produktgruppe, die in der Vorwoche noch deutlich positiv war und über das Wochenende ruckartig in den negativen Bereich drehte. Dies deckt sich unmittelbar mit der ausgeprägt negativen Marktbewegung an diesem Montag. Die Tatsache, dass viele Future-Kontrakte rund um die Uhr handeln und sich eine Vielzahl an Derivativfonds zur selben Zeit und eben nicht zur liquide Haupthandelszeit umpositionierten, mag schlussendlich auch zum Teil die extrem schwache US-Vorbörse und den crashartigen Börsenstart in New York erklären.
Quelle: Credit Suisse, Morgan Stanley
Trotz des gegenwärtig hohen Volatilitätsgrads hat sich am allgemeinen Investitionsumfeld an sich wenig geändert. Während Kapitalmarktzinsen weiter auf sehr niedrigem Niveau verharren und am kurzen bis mittleren Ende der Zinskurve vielerorts immer noch negative Werte ausweisen, werden Aktien an entwickelten Märkten mittlerweile wieder mit Gewinnrenditen von ca. 5,5 bis 8% und Dividendenrenditen von 2 bis 4% gehandelt. Angesichts dieser Tatsache wird die Aktie als Asset-Kategorie für den renditesuchenden Investor auch weiterhin ein fester Bestandteil im Veranlagungsportfolio bleiben.
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