Doppelter Krawattenknoten
18. Mai 2009 | Blog
VON Günther Moosbauer
Sie fragen sich sicher, woraus besteht die Arbeit des Finanzmathematikers und wie gelingt es ihm, seine Studien einem kritischen Publikum anzupreisen. Ich kann Ihnen das gerne aus eigener Erfahrung schildern und möchte Ihnen sogleich einen kleinen Ratgeber zur Seite stellen.
Manchmal kann es schon daran hapern, dass Ihr Vortrag oder Ihr Text überhaupt aufmerksam verfolgt wird. Wenden Sie sich gleich an den intelligenten Leser (Hörer). Ab jetzt wissen Sie ja, wie Sie sich einzustufen haben, wenn Sie den Text nicht weiterlesen. Eine Provokation? Nein, ein zuvorkommender Aufbau einer positiven Beziehung zum Leser oder Auditorium.
Versuchen Sie nicht übereifrig, einen Out-of-Sample Test anzukündigen (einen Elchtest sozusagen) - das verdrießt nur die Aussicht auf gute Ergebnisse und macht die Arbeit des Data-Minings unnötig schwer. Data-Mining - so viele Strategien auszutesten, bis Sie schon wegen des Suchaufwandes eine erfolgreiche Strategie finden müssen - das verschweigen Sie selbstverständlich tunlichst - niemand kann es Ihnen nachweisen, selbstverständlich präsentieren Sie nur Ihr bestes Ergebnis. Mit der Wahl der Irrturmswahrscheinlichkeit für Signifikanztests verfahren Sie ebenso: zuerst nachsehen, was die beste Wahl gewesen wäre, dann wählen.
Ein Rat an den Feinspitz gleich vorweg: Suchen Sie vorzugsweise autokorrelierte Indikatoren (erklärende Variable), also solche, die Abhängigkeiten aufweisen mit dem gestrigen Wert oder auch weiter zurückliegend - Ihre Chancen für Scheinzusammenhänge erhöhen sich deutlich. Vertrauen Sie einfach der behaglichen Wechselwirkung zwischen Data-Mining und autokorrelierten Indikatoren. Ihre Ergebnisse finden bestimmt noch zusätzlich Unterstützung in der Literatur, vielleicht sogar, weil Sie denselben Datenzeitraum verwenden - Sie verschweigen dies vehement.
Auch der ‚Small Sample Bias’ kann Ihnen nützlich sein, wenn es Ihnen gelingt, eine hohe Wahrscheinlichkeit einer ausgeprägten Signifikanz in Aussicht zu stellen, wenn sogar schon bei einer kleinen Stichprobe Signifikanz vorzufinden ist. Dass die Stichprobe wenig repräsentativ ist - mein Gott kann man das nicht jeder Zeitreihenstudie vorwerfen. Sie nützen jedenfalls die reiche Auswahl, für Sie günstige Daten und Datenzeiträume auszusuchen. Ich erwähne es gar nicht mehr, Sie behalten das natürlich für sich.
Wollen Sie ein paar Details nicht erklären, weil Sie es ja gar nicht können - ein lässiges und in der Literatur bestens bewährtes ‚It’s well known’ schafft hier Wunder.
An dieser Stelle kann es hilfreich sein auf die unverzichtbaren Requisiten einer seriösen Ausstrahlung hinzuweisen, Anzug, Krawatte (doppelter Knoten!), eine makellos sonore Nachrichtensprecherstimme, Schuhe geputzt, ein allzu oft vergessenes Detail, auf das der geschärfte Blick des nicht Täuschbaren gerne testet. Unbeabsichtigtes Verlegenheitslächeln kaschieren Sie von Anfang an mit regelmäßigem Lächeln, ich würde mir selbst für nichts mehr böse sein können.
Gehen Sie nicht voreilig auf Ihre vereinfachenden Annahmen ein, wenn Sie niemand danach gefragt hat. Das Timing Ihres Auftritts, dass anschließend nicht zuviel Zeit für Fragen zur Verfügung steht, haben Sie ohnedies sicher im Griff (Weckerläuten für die nächste Insulinspritze, plötzliche Schwangerschaft, um nur ein paar nützliche Anregungen zu geben). Überstrenge Annahmen, wie Normalverteilung, keine Zeitabhängigkeiten der Varianz, etc. sind für Sie nicht länger Hemmnisse für erfolgreiche Ergebnisse.
Verwenden Sie die schmeichelhaftesten Wertskalierungen für die Graphiken Ihrer hervorragenden Ergebnisse. Vor allem, verwenden Sie sehr viele Graphiken, da muss nicht jede viel Sinn ergeben, Sie haben ja gar nicht vor, auf jede einzelne einzugehen.
So als pfiffiger Schuss zwischendurch, die Zuhörer müssen ja bei Stange gehalten werden, überraschen Sie mit Ehrlichkeit, indem Sie eine kleine Schwäche zugeben, bei der aber die Konkurrenzstrategien sicher noch schlechter abschneiden - darauf weisen natürlich geflissentlich hin. Ein guter Anlass die Konkurrenzmodelle zu zertrümmern, Sie können dabei gar nicht weit genug gehen. Ihr Strategievorschlag wird ganz automatisch in strahlendem Glanz erscheinen, ohne je eines plumpen Selbstlobes. Außer am Schluss in der Zusammenfassung natürlich, etwa mit einem nachgesetzten‚ ‚aber ich möchte mich nicht selbst loben’ - jetzt volles Repertoire einsetzen, alles was Sie bei Samy Molcho so Brauchbares finden, um Ehrlichkeit und Bescheidenheit auszudrücken. Ein gut gewählter Zeitpunkt Ihre menschliche Seite ins Licht zu stellen.
Geben Sie alles, schließlich sind Sie jetzt am 2. Höhepunkt des Vortrags, der Anfangs- und Endteil werden am besten memoriert, ach ja geschickt gesetzte distinguierte Ausdrücke - verwenden Sie sie nicht zu befremdend, kann aber schon mal passieren.
Wenn sich wegen ein paar notorischen Nörglern und Querulanten Kritik abzeichnet, wird sie beschwichtigend vorweggenommen (siehe ‚Eingehen’ auf Konkurrenzmodelle), wenn das jetzt überhaupt noch nötig ist (siehe doppelter Krawattenknoten, Feinspitz, Übereifer, … ) - auf das Lächeln haben Sie ohnehin nicht vergessen. In Notfällen schieben Sie ein paar entmutigende komplizierte Formeln ein. ‚Erklärende’ Begriffe wie trivial, analog, aus Symmetriegründen folgt, haben Sie stets parat und erspart Ihnen sie selbst verstehen zu müssen.
Sie haben nun ein Ergebnis, das seinesgleichen sucht - seriös, bahnbrechend im nachgewiesenen Erfolg, bestechend an Überzeugungskraft - ich kann Sie nur beglückwünschen, besser hätt ich’s vielleicht selbst nicht hingekriegt.
Ein doppelter Krawattenknoten ist zwar keine leichte Sache, aber da es die Arbeit um so vieles erleichtert, werde ich mich jedenfalls noch heute für den nächsten Volkshochschulkurs anmelden.
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