Hell, if I know!

03. Jun 2016 | Blog

VON Alfred Kober

Eng und knapp – zwei Adjektive, die die momentane Situation rund um das EU-Referendum in Großbritannien wohl am besten umschreiben. In 3 Wochen, am 23. Juni 2016 ist es soweit – das  Vereinigte Königreich lässt um den Verbleib in der Europäischen Union abstimmen. Dabei ist das Ergebnis alles andere als eindeutig und abschätzbar. Beinahe täglich veröffentlichen britische und europäische Mediendienste ihre Umfrageergebnisse und schenkt man diesen Glauben, ist der Anteil der Befürworter eines Verbleibs in der Union seit Mitte Mai drastisch gesunken – dieser lag vor zwei Wochen noch bei 47%.


Schenkt man der neusten Umfrage (Graphik 1) Glaube, die von der renommierten Zeitung The Guardian und dem Meinungsforschungsinstitut ICM durchgeführt wurde, sank der Anteil erheblich ab. Wie schnell sich Meinungen zu Themen ändern können und wie schwierig es ist, Ergebnisse künftiger Volksentscheide verlässlich vorherzusagen, kennen wir von unseren eigenen Erfahrungen nur allzu gut. Die nachstehende Graphik veranschaulicht die neuesten Umfrageergebnisse und zeigt einen leichten Überhang der Befürworter eines Austritts. 13% der telefonisch befragten Personen sind in ihrer Entscheidung noch unschlüssig. Interessant ist dabei auch eine Unterteilung in telefonischer Befragung und einem Online-Voting. Die Ergebnisse der Internetbefragung sind weitaus ausgeglichener, als die der telefonischen Umfragewerte und hinsichtlich des Resultates eher näher dem Verbleib in der Union.

 


Quelle: The Guardian, 31.5.2016

 

Die Konsequenzen eines Austritts am Kapitalmarkt sind schwer abzusehen – aufgrund der Unsicherheit wäre es sehr naheliegend, dass die Kursschwankungen zumindest kurzzeitig erheblich ansteigen. Ungeachtet dessen wird sich die Welt weiter drehen. Sollte bei Ihnen nun ein unwohles Gefühl aufkommen, so kann ich sie mit den Umfrageauswertungen der renommierten Financial Times beruhigen (Graphik 2), die die Erhebungen der unterschiedlichen Institute zusammenfasst und diese sehr sachlich und transparent darzustellen versucht. Das aktuell zusammengefasste Ergebnis dieser Auswertung (46% für einen Verbleib in der EU) zeigt genau eine Spiegelung der Guardian-Auswertung von vorhin – einzig und allein der Anteil an unentschlossenen Personen ist in etwa gleich hoch.

 

Quelle: The Financial Times, 30.5.2016

 

Seit dem Start dieser Analyse vor 9 Monaten zeigt der Verlauf (Graphik 3) eine leichte Abnahme des Anteils der unentschlossenen Personen, die sich tendenziell dem Lager der Befürworter eines Austritts angeschlossen haben. Nichtsdestotrotz weisen die teils erheblichen Schwankungen der Umfrageergebnisse darauf hin, wie ungewiss eine definitive Ableitung und Aussage aus diesen Erhebungen ist. Regional sind es England und Wales, die tendenziell für einen Austritt plädieren und Schottland, das sich eher dagegen ausspricht.

 

Quelle: The Financial Times, 30.5.2016

 

Zweifelsohne wird die verbleibende Zeit bis zum Referendum von den unterschiedlichsten Personen und Institutionen genutzt werden, um den Meinungsbildungsprozess wenig entschlossener Personen noch in der Zielgeraden zu beeinflussen. Wie sehr diese Kräfte nun wirken, wird in den kürzlich abgefeuerten Drohgebärden der Deutschen Bank gut „fühlbar“. Das Institut kündigt bei einem Austritt des Landes einen Teilabzug einiger Geschäftsbereiche aus London an. Immerhin ist die Bank seit dem Jahr 1873 in der Hauptstadt präsent und beschäftigt rund 9000 Personen auf der Insel. Warnschüsse kommen nun auch verstärkt von weiteren internationalen Investmentbanken (Goldman, JP Morgan etc.) sowie internationalen Konzernen (Nestle, Ford, Hyundai etc.), die mit einem Abzug drohen – dieser würde allerdings weniger auf den Kontinent sondern eher in Richtung Dublin erfolgen. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich in den nächsten Wochen diese Signale aus der Wirtschaft verstärken werden. Für mich widersprüchlich ist das Werbegetrommel des ehemaligen Londoners Bürgermeisters Boris Johnson, der sich außergewöhnlich heftig für einen Austritt einsetzt. Ob er DER Hauptstadt, die mit einer Wirtschaftsleistung in der Größe des BIPs von Polen, damit einen guten Dienst erweist, ist für mich fraglich. Immerhin sind in London die meisten internationalen Konzerne präsent.


Im Falle eines Austritts würde Großbritannien eine Vielzahl an Einzelabkommen mit seinen Handelspartnern abschließen müssen. Auch das für Unternehmen essentielle Personalthema würde sich definitiv verkomplizieren. Angesichts dessen ist ein erheblicher Anstieg des administrativen Aufwands absehbar. Eine Schlussfolgerung auf die langfristigen ökonomischen Folgen maße ich mir an dieser Stelle nicht an und die Drohgebärden vieler Unternehmen dürften sich am Ende des Tages wieder schnell verflüchtigen.


Wirklich schade würde ich einen Austritt im Zusammenhang mit dem gemeinsamen europäischen Gedanken finden und der Frage, ob mit diesem Schritt nun der Zerfallsprozess der Union eingeleitet wird. Im Gegensatz zu vielen Meinungsmachern glaube ich nicht, dass die langfristigen wirtschaftlichen Folgen, sei es in positiver oder negativer Hinsicht, so einfach abzuschätzen sind. Vielmehr steigt das Unbehagen in mir, wenn ich daran denke, welcher Staat, welche Region sich in weiterer Folge wohl dem britischen Weg anschließt und wie sehr die wirtschaftliche und potentielle politische Stärke eines Gemeinsamen nun langsam wieder zu zerfallen droht.

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