Ist die Rendite ein guter Ertragsschätzer?

03. Okt 2016 | Blog

VON Josef Obergantschnig

Im ersten Teil der Blogreihe habe ich mich eingehend mit dem Staatsanleihensegment beschäftigt. Ein nicht unerheblicher Teil unseres verfügbaren Universums rentiert im negativen Bereich. Die Frage ist nun, ob sich die herkömmliche Rendite als Ertragsschätzer eignet? Sind beispielsweise nordamerikanische Staatsanleihen im Vergleich zu europäischen attraktiver, da sie eine höhere Rendite aufweisen?

 

Das ist eine sehr einseitige Betrachtung. Wenn Euro-Investoren Geld in anderen Währungen veranlagen, ist neben dem Zinsänderungsrisiko auch noch das Fremdwährungsrisiko zu berücksichtigen. Gemäß unseres Investmentprozesses sichern wir in diesem Anleihensegment das Fremdwährungsrisiko zur Gänze ab. Nähere Details dazu haben wir im Rahmen einer im Frühjahr publizierten Währungsstudie dargelegt (Währungsstudie 2016).

 

Abbildung: Ertragserwartung unter Berücksichtigung von FX-Absicherungskosten

Quelle: Bloomberg, Eigene Berechnungen (Kennzahlen entsprechen dem Mittelwert)

 

Nach Bereinigung der Rendite um die Währungsabsicherungskosten (Hedging der Fremdwährungsrisiken) verkehrt sich das Bild. Nur 21,9% aller nordamerikanischen Staatsanleihen weisen nach diesem Bereinigungsschritt eine positive „Ertragserwartung“ auf. Im Mittel ist die Ertragserwartung mit -0,34% deutlich im negativen Bereich und damit sogar unattraktiver als eine klassische europäische Staatsanleihe. Interessant ist auch, dass unter Berücksichtigung der FX-Absicherungskosten lediglich 44% aller berücksichtigten Staatsanleihen positive Ertragserwartungen aufweisen. Durch die Bewegungen an den Finanzmärkten haben sich die Währungsabsicherungskosten innerhalb der letzten ein bis eineinhalb Jahren für Euro-Investoren massiv verteuert. Eine Absicherung des Währungsrisikos des EUR/USD kostet gegenwärtig 1,45%-Punkte der Rendite. Im Vergleich dazu kostet eine Absicherung des EUR/CAD 1,25% bzw. des EUR/AUD sogar 2,5%-Punkte. Jedoch kostete eine vergleichbare Absicherung vor nicht allzu langer Zeit noch 0,30%.

 

Auch hinsichtlich der Bonität hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten viel verändert. In unserem Universum beträgt die globale High-Yield-Quote 19% - werden allerdings lediglich jene Anleihenemissionen berücksichtigt, die eine positive Rendite aufweisen, beträgt die High-Yield- Quote schon 29%. Insofern ist es für uns als Portfoliomanager auch unumgänglich, die Bonität in unsere Überlegungen miteinzubeziehen. Im Rahmen des Portfoliomanagements erweitern wir unser investierbares Universum (Staatsnahe Anleihen, Supranationals, besicherte Anleihen, etc.), um die Ertragserwartung zu erhöhen.

 

Als letzte „große“ Ertragskomponenten beziehen wir sogenannte Roll-Gewinne zur Berechnung der Ertragserwartung ein, die aufgrund eines „Herunterrollens“ der Zinskurve zu erzielen sind. Diese empirisch belegbare Komponente ist ein integraler Bestandteil unserer Fixed-Income-Strategie (FIXIS) und wird von uns im Rahmen der Attraktivitätsanalyse einzelner Anleihensegmente miteinbezogen.

 

Abbildung: Ertragserwartung inkl. FX-Kosten, Roll-Gewinne und Bonität

Quelle: Bloomberg, Eigene Berechnungen (Kennzahlen entsprechen dem Mittelwert)

 

Im Rahmen dieser Abbildung (linke Grafik) wird die Ertragserwartung von Staatsanleihen unter Berücksichtigung folgender Komponenten dargestellt:
- Rendite (Yield)
- Währungsabsicherungskosten (FX)
- Rollgewinne und Bonitätsabzug (ermittelt über Ausfallwahrscheinlichkeiten)

 

Die Ertragserwartung „(EE) Gesamt“ berücksichtigt damit alle wesentlichen Ertragskomponenten eines Anleiheninvestments und ermöglicht uns eine gute Analysebasis der aktuellen Zinslandschaft.

 

Welche Kenntnisse und Schlüsse ziehen wir daraus?

 

Um die Ertragserwartung zu erhöhen, wird im Regelfall an zwei Rädchen gedreht. Auf der einen Seite ist es möglich, durch eine Erhöhung des Zinsänderungsrisikos (Duration) das Ertragspotenzial zu erhöhen. In diesem Fall ist aus unserer Sicht allerdings zu beachten, dass auch die Zinssensitivität deutlich ansteigt und dieser Schritt aus Risiko-/Ertrags-Gesichtspunkten nur bedingt Sinn ergibt. Auf der anderen Seite ist es auch möglich, hinsichtlich der Bonität Abstriche zu machen und sich dadurch höhere Renditen zu sichern. Hierbei erhöht sich allerdings das Ausfallsrisiko.

 

Im Rahmen unserer Portfolio-Bausteine versuchen wir, neben klassischen EUR-Anleihen auch USD-Emissionen beizumischen. Dadurch können wir eine höhere Ertragserwartung bei gleicher Bonität erzielen, ohne das Zinsänderungsrisiko zu erhöhen. Das systematische Ausnutzen unterschiedlicher Zinslandschaften ermöglicht uns, hinsichtlich der Allokation flexibel zu bleiben und die Ertragserwartung bei gegebenen Risikovorgaben und unter Berücksichtigung des aktuellen Marktumfeldes zu optimieren. Um dies zu untermauern, möchte ich abschließend noch auf die größten Staatsanleihen-Emittenten eingehen.

 

Abbildung: Staatsanleihen – größte Emittenten

Quelle: Bloomberg, Eigene Berechnungen (Kennzahlen entsprechen dem Mittelwert)

 

Die sechs größten Emittenten vereinnahmen 86% des gesamten Emissionsvolumens. Abgesehen von Italien weisen alle Staatsanleihen unter Berücksichtigung der vorab beschriebenen Komponenten eine negative Ertragserwartung auf. Um eine positive Ertragserwartung zu erzielen, müssen investorenseitig erhebliche Zinsrisiken eingegangen werden (Dur EE > 0). Alle US-Staatsanleihen mit positiven Ertragserwartungen weisen im Mittel eine Duration von 4,8 Jahren aus. Das ist im Vergleich zu Großbritannien relativ kurz (Zinsbindung mit 8,3 Jahren!).

 

Australische Staatsanleihen weisen mit 1,26% eine vergleichsweise hohe Rendite auf. Anhand dieses Beispiels wird offensichtlich, wie wichtig es ist, die Ertragserwartung nicht lediglich von der Rendite zu bestimmen, sondern auch andere wesentliche Ertragskomponenten mit ins Kalkül zu ziehen. Unter Berücksichtigung aller dargestellten Bestandteile beträgt die Ertragserwartung -0,99% und ist im Vergleich zu anderen Ländern äußerst unattraktiv.

 

Das Heranziehen der klassischen Rendite als Ertragsschätzer ist demnach überholt und nicht mehr zeitgemäß. Um die Attraktivität einzelner Anleihen bewerten zu können, müssen viele Faktoren berücksichtigt werden. Die Kombination aus unserer finanzmathematischen Orientierung und der Konzentration auf empirisch belegbare Erkenntnisse stärkt uns in unserer Zuversicht, auch in diesem schwierigen Umfeld Mehrwert für unsere Kunden erzielen zu können!

 

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