Arbeitslosenrate

09. Jan 2017 | Blog

VON Josef Obergantschnig

Jeden ersten Freitag des Monats ist es soweit. Mit Spannung erwarten Investoren, Journalisten, Portfoliomanager oder einfach nur interessierte Marktbeobachter die Zahlen aus den USA, die um 14:30 Uhr über die Ticker flimmern. Nach der Veröffentlichung kommt es regelmäßig zu größeren Ausschlägen an den Finanzmärkten. Europa ist dann allerdings auf sich alleine gestellt, da die US-Börsen offiziell noch nicht geöffnet haben. Unsicherheiten über die Interpretation der Ergebnisse sind keine Seltenheit.

 

Der private Konsum ist eine wesentliche Säule einer Volkswirtschaft. Bei einer prekären Situation am Arbeitsmarkt ist davon auszugehen, dass die Bevölkerung die Sparquote erhöht und die Konsumausgaben zurückfährt. Damit gehen natürlich auch Auswirkungen auf das BIP einher. Im Rahmen dieser Blog-Serie möchte ich die für mich drei wesentlichsten Arbeitsmarktkennzahlen (Arbeitslosenrate, Beschäftigungszuwachs und Neuanträge auf Arbeitslosenunterstützung) näher beleuchten. Beginnen wir mit der klassischen Arbeitslosenrate (= unemployment rate). Auf der Seite des Bureau of Labor Statistics erhält man die Daten auf monatlicher Basis bis ins Jahr 1948 zurück.

 

Abbildung: US Arbeitslosenrate

Quelle: Bureau of Labor Statistics

 

Die Arbeitslosenrate wird saisonbereinigt dargestellt, um größere, saisonal bedingte Veränderungen während eines Jahres zu vermeiden und damit einen besseren Blick auf den Status Quo zu erhalten. In diese Kategorie fällt beispielsweise die saisonale Beschäftigungsquote am Bau, die tätigkeitsbedingt in den Sommermonaten viel höher ist als in den Wintermonaten.

 

Allerdings stellt sich die Frage, was bedeutet arbeitslos und wer genau wird in dieser Statistik berücksichtigt und erfasst?

Die Statistik wird vom Bureau of Labor Statistics (BLS) ermittelt und veröffentlicht. Im Rahmen der Veröffentlichung werden die Anzahl der Personen mit (employed) und ohne Arbeitsverhältnis (unemployed) publiziert. Die erfassten Daten werden nicht auf Basis des Arbeitslosengeldes (unemployment insurance (= UI)) berechnet, da beispielsweise Langzeitarbeitslose keine Unterstützung mehr bekommen, allerdings immer noch arbeitslos sind. Fälschlicherweise wird oft angeführt, dass die US-Regierung jeden Monat alle arbeitslosen Personen zählt und im Rahmen der Statistik erfasst. Das ist administrativ nicht zu bewältigen, da in diesem Falle jeder einzelne Haushalt auf monatlicher Basis kontaktiert werden müsste. In diesem Zusammenhang denke man beispielsweise an die Volkszählungen, die auch nur alle paar Jahre effektiv durchgeführt werden. Aufgrund der angeführten Problematik führt die Regierung auf monatlicher Basis eine Umfrage durch (= Current Population Survey (CPS)). Die Umfragen wurden erstmals 1940 durchgeführt. Das Sample erfasst 60.000 Haushalte und rund 110.000 Personen. Die USA werden in 2.000 Einzelbereiche untergliedert – im Rahmen der monatlichen Umfrage werden 800 Einzelbereiche miteinbezogen. Zudem führt das BLS an, dass bei jeder Umfrage 25% des Sampels verändert wird. Nach einer Wartezeit von 8 Monaten werden diese Personen wiederum für die nächsten 4 Monate berücksichtigt. Das BLS will durch das „stabile“ Sample die Vergleichbarkeit auf Monatsbasis und Jahresbasis gewährleisten.

 

Gemäß der US-Statistik-Behörde werden Personen folgendermaßen eingeteilt:

  • Employed: Personen mit Jobs
  • Unemployed: Personen sind arbeitslos, auf Jobsuche und verfügbar
  • Labor force: Anzahl an Personen die in die Rubriken „employed“ und „unemployed“ fallen
  • Personen, die in keine dieser Kategorien fallen, werden nicht als „Labor Force“ erfasst

 

Personen, die in „institutions“ (z.B. Krankenhäusern, Wohnheimen, etc.) wohnen, werden im Rahmen der Statistik nicht berücksichtigt. Erfasst werden alle Personen ab 16 Jahren.

 

Welche Personen gelten als beschäftigt (employed)?
Als beschäftigt gilt jede Person, die in der Umfragewoche einer entgeltlichen Arbeit oder Beschäftigung nachgegangen ist. Zudem werden natürlich auch Personen erfasst, die sich in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis befinden, allerdings beispielsweise aufgrund eines Krankenstandes oder Urlaubs in der Referenzwoche nicht gearbeitet haben. Als arbeitslos gelten auch jene Personen, die einer unentgeltlichen Arbeit nachgehen. Im Obama-Wahlkampf konnte das ausgenutzt werden, da einige an und für sich arbeitslose Wahlhelfer stundenweise ausgeholfen haben und dadurch die offizielle Arbeitslosenrate nach unten gedrückt haben. Zudem werden auch jene Personen zugeordnet, die mindestens 15 Stunden unentgeltlich am Bauernhof oder im Geschäft eines im gleichen Haushalt wohnenden Familienmitglieds arbeiten.

 

Welchen Personen gelten als arbeitslos (unemployed)?
In diese Rubrik fallen Personen, die aktiv in den vergangenen 4 Wochen einen Job gesucht haben und auch „verfügbar“ sind. Unter „AKTIV“ versteht die Statistikbehörde all jene Aktivitäten, die in direktem Zusammenhang zwischen den jeweiligen Personen und deren potenzielle Arbeitgebern stehen (z.B. direkte Kontaktaufnahme, Bewerbungsgespräche, etc.). All jene Personen, die beispielsweise in Zeitungen oder im Internet nach potenziellen Jobs Ausschau halten, fallen nicht darunter.

 

Wer wird nun in der sogenannten „labour force“ erfasst?
Die Anzahl der Erwerbsbevölkerung ist die Summe aller Personen, die arbeitslos oder erwerbstätig sind. All jene, die jetzt keinen Job haben und nicht aktiv suchen, werden in dieser Statistik nicht erfasst.

 

Anbei noch eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Kennzahlen:

1. Labor force = employed + unemployed people

2. Unemployment rate = unemployed people/labor force

3. Labor force participation rate = # people labor force / # people > 16 years

4. Employment population rate = # working people / # people > 16 years

 

Die Arbeitslosenrate ist mit Sicherheit eine wichtige volkswirtschaftliche Kennzahl. Besonders kritisch sehe ich, dass „lediglich“ aktiv suchende Personen als arbeitslos erfasst werden. Zudem wird nicht nur der Nenner sondern auch der Zähler (labor force) reduziert. Das möchte ich anhand eines Beispiels verdeutlichen. Nehmen wir an, dass 5% der Personen aktiv und 5% „passiv“ auf Arbeitssuche sind. In Summe sind also 10% arbeitslos. Durch die Berechnungsmethode beträgt die offizielle Arbeitslosenrate allerdings „nur“ 5,26% (= 5/95). Des Weiteren möchte ich festhalten, dass jede Person, die einer bezahlten Tätigkeit nachgegangen ist, als beschäftigt gilt. Unfreiwillige Teilzeitarbeitskräfte, deren entgeltliche Tätigkeit so gering ausfallen, dass es kaum zum Überleben reicht, gelten als beschäftigt. Des Weiteren möchte ich kritisch anmerken, dass die USA in 2.000 Sub-Samples untergliedert wird – das ist grundsätzlich sehr detailliert, allerdings ist festzuhalten, dass bei der monatlichen Befragung lediglich 800 berücksichtigt werden.

 

In Summe kann die Arbeitslosenrate für historische Vergleiche durchaus herangezogen werden. Um ein genaues Bild über die aktuellen Arbeitsmarktbedingungen zu machen, empfiehlt es sich, auch andere Indikatoren wie z.B. employment-population oder labor force participation rate mit ins Kalkül zu ziehen.

 

Im nächsten Beitrag dieser Blog-Serie möchte ich die „non-farm-payrolls“ und „initial jobless claims“ detaillierter darstellen und damit weitere interessante Arbeitsmarktkennzahlen einbauen.

 

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