Welterschöpfung vs. Wertschöpfung?

04. Aug 2017 |

VON Alfred Kober

Während der deutsche „Dieselgate“ nun erneut aufkocht, für fette Schlagzeilen sorgt und die Politik angesichts der Bedeutung des Wirtschaftsfaktors „Automobil“ einzuknicken scheint, wird im Schatten dieser mächtigen Nachrichten auch gerne mal „unwesentlicheren“ Themen weniger Aufmerksamkeit geschenkt. In diesem Zusammenhang denke ich an zwei Angelegenheiten, die ich als interessant empfinde und die ich in diesem Blog gerne kurz umreißen möchte.


Zum Ersten wurde am 2. August der „World Overshoot Day“ ausgerufen. In ganzen 151 Tagen oder 30 Wochen haben wir die Ressourcen, die die Erde innerhalb eines Jahres erneuern kann, aufgebraucht. Angesichts dieser Leistung können wir uns gegenseitig auf die Schultern klopfen, wir verbessern uns fast jährlich – waren es vor 20 Jahren noch rund neun Monate, so sind wir nun bereits bei 7 Monaten angelangt. Um eine neutrale Ressourcen-Bilanz darzustellen, bräuchten wir also rund 1,7 Erden. Blitzartig und allzu gerne denken wir an dieser Stelle vorwurfsvoll an Amerika, Australien und einige rasant wachsende Emerging Market Länder, die einen schier unermesslichen Rohstoff- und Energieappetit zeigen. Ja, und dies nicht ganz zu unrecht – allerdings ist der Abstand zu uns Mitteleuropäern nicht so groß, dass wir uns in dieser Angelegenheit vorwurfsvoll zurücklehnen können. Während Amerika und Australien rund 5 Erden für die Neutralstellung benötigt, sind wir im entwickelten Mitteleuropa bei ca. 3 Erden – also, spätestens im April des Jahres nagen auch wir an der Substanz unserer Mutter Natur. Beängstigend ist der Pfad der Entwicklung, der trotz gestiegenem Umweltbewusstsein und gefühlt bedachterem Umgang mit Ressourcen absolut und viel zu dynamisch in die falsche Richtung weist – und das angesichts der Tatsache, dass immer noch ein großer Teil der Weltbevölkerung in Armut lebt. Für diese „Welterschöpfung“ stehen definitiv wir, die Industrienationen am Pranger und die medial bereits diskutierten Alternativen zum „Coffee-to-go“-Wegwerfbecher sind zwar ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, werden diese Tatsache aber wohl nicht wesentlich beeinflussen.

 

Auch meine zweite Passage beschäftigt sich mit einer verwandten Thematik. Im Zuge des Pariser Klimaabkommens haben sich die Industriestaaten (bis auf sehr wenige Ausnahmen wie beispielsweise den USA oder Syrien) dazu bekannt, die Erdtemperatur nicht mehr als 2° Celsius über den Wert der vorindustriellen Zeit ansteigen zu lassen. Sollten wir den Verbrauch fossiler Brennstoffe in der Geschwindigkeit weiterführen, wie in den letzten 28 Jahren, so errechnet die international tätige Non-Profit-Organisation CDP einen Anstieg der Temperatur um zumindest das Doppelte dieses Zieles.


In ihrem letzten Bericht (Carbon Majors Report 2017) identifiziert und veranschaulicht die Organisation die größten Produzenten von Treibhausgasen seit 1988 und stellt deren Ausstoß in Relation zur Gesamtemission. Ein für mich erschreckendes Ergebnis ist dabei der hohe Konzentrationsgrad innerhalb dieses Samples – die 100 größten Emittenten verursachen ca. 70% des Gesamtausstoßes, dessen Ausrichtung unmissverständlich in eine Richtung zeigt (wohl wissentlich, dass letztendlich wir, die Verbraucher, diese Entwicklung zu verantworten haben). Die Analyse kommt zudem zum Ergebnis, dass lediglich 25 Unternehmen (lt. Analyse) mehr als die Hälfte der industriellen Emissionen von Treibhausgasen produzieren - Abbildung 1 zeigt eine Übersicht der Zusammensetzung.

 

Quelle: CDP UK


Unangefochtener Spitzenreiter sind seit vielen Jahren Chinas Kohleverbrenner, dicht gefolgt von der saudischen Aramco und der russischen Gazprom. Die „Top 100“ lesen sich wie das „Who is Who“ der Energie- und Rohstoffbranche und setzen sich aus 32% börsennotierter, 9% privater und 59% staatlich kontrollierter Unternehmen zusammen. Der Förderung und Produktion (Scope 1) dieser fossilen Brennstoffe ist dabei rund ein Zehntel des Ausstoßes zuzuschreiben – stolze 90% fallen in die Kategorie „Scope 3“, die alle Emissionen umschließt, die ein Unternehmen verantwortet und die nicht aus direkt verbrauchter oder zugekaufter Energie stammen.


Angesichts des Commitments zum Pariser Abkommen sollte von einer radikalen Änderung der Energieindustrie bzw. letztendlich auch des Konsumenten ausgegangen werden. Wie heftig und disruptiv diese Umstellung auf das 2°C-Ziel wäre, zeigt die Simulation in Abbildung 2. Produzenten fossiler Brennstoffe müssten dabei ihr Geschäftsfeld in den nächsten Jahren radikal ändern, da bereits in 30 Jahren der Ausstoß an Treibhausgasen halbiert werden soll, bevor dieser in der Folgeperiode gegen Null tendiert.

 

Quelle: CDP UK


Angesichts des globalen Bevölkerungswachstums und der rasant wachsenden Mittelschicht in bevölkerungsreichen Ländern wie China und Indien halte ich das Gesamtziel für extrem ambitioniert. Wie uns Weltpolitiker höchsten Ranges oder auch diverse „Softwareupdates“ zeigen, bin ich mir nicht immer ganz sicher, ob die Zielsetzung der globalen Gemeinschaft bereits allerorts angekommen ist. Wenn auch das Thema rund um das Pariser Klimaziel an Breite und Dynamik gewinnt, prallen viele massive Interessen aufeinander. Ich habe oft den Eindruck, dass der Leidensdruck noch nicht groß genug ist, um letztlich auch mehr Bewusstsein auf der Verbraucherseite zu schaffen.

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