Zufriedenes und faires Österreich

04. Dez 2017 | Blog

VON Josef Obergantschnig

Zufriedenheit und Fairness sind äußerst wichtig für den Zusammenhalt innerhalb einer Gemeinschaft. Eine unmittelbare Auswirkung auf die Motivation und damit auch auf den künftigen Wohlstand ist damit eng verwoben. Kaum eine Frage ist in der neueren Wirtschaftsforschung so umstritten wie der Zusammenhang zwischen Wohlstand und Zufriedenheit. Einigkeit besteht darin, dass materielle Effekte nur bis zu einer gewissen Einkommenshöhe im Fokus des Einzelnen stehen. Andere Faktoren wie z.B. eine höhere Lebensqualität, mehr Freizeit oder dem Nachgehen einer sinnvollen und herausfordernden Tätigkeit rücken damit verstärkt in den Fokus. Bereits 1974 hat der Amerikaner Richard Easterlin mit der Erkenntnis für Furore gesorgt, dass ein höheres Einkommen den Einzelnen zwar tendenziell glücklicher macht, das Glücksempfinden eines Landes allerdings nicht zwingend vergrößert. Damit wird die herkömmliche Messgröße des Wirtschaftswachstums als Indiz für die Zufriedenheit erstmals kritisch hinterfragt.

 

Angus Deaton, Ökonomieprofessor an der Universität Princeton, beschäftigt sich in seinen Arbeiten mit dem Zusammenhang von Einkommenshöhe und Glücksempfinden und bekam dafür sogar den Nobelpreis. In der gemeinsamen Arbeit von Angus Deaton und Daniel Kahneman wird der Zusammenhang zwischen Geld und Glück herausgearbeitet. Häufig wird die Studie auf die Zahl 75.000 US-Dollar reduziert. Laut den von den beiden Wissenschaftlern durchgeführten Umfragen steigt bis zu einem Jahreseinkommen von 75.000 US-Dollar das Glücksempfinden. Darüber hinaus ist eine Steigerung offenbar nicht mehr möglich.

 

Abbildung: Zusammenhang Einkommen vs. Zufriedenheit

Quelle: Infografik Die Welt

 

Wie in der Grafik ersichtlich, steigt mit zunehmenden Einkommen die Zufriedenheit deutlich an. Bei dieser Interpretation wird der von Deaton und Kahneman angeführte Faktor ausgeblendet, dass ein höheres Einkommen kein stressfreies Leben und ein dauerhaftes Glücksgefühl gewährt. Auch Personen mit hohen Gehältern können sich einmal niedergeschlagen oder abgespannt fühlen!

 

Auch andere Studien schlagen in die gleiche Kerbe. Irgendwo zwischen 80.000 und 100.000 Euro Jahreseinkommen verliert sich der Zusammenhang zwischen Einkommenshöhe und Glücksgefühl völlig. Ökonomen sprechen von einem abnehmenden Grenznutzen.

 

Abbildung: BIP vs. Lebenszufriedenheit

Quelle: The Behavioral Insights Team

 

Auch bei einer Darstellung der Lebenszufriedenheit in Relation zum BIP pro Kopf sieht man einen starken Anstieg bis USD 10.000 – danach steigt die Kurve zwar tendenziell an, flacht aber etwas ab. Auffallend ist zudem, dass vergleichsweise ärmere Länder, wie z.B. Brasilien oder Venezuela, eine sehr hohe Lebenszufriedenheit aufweisen und einige der reicheren Industrienationen in diesem Aspekt deutlich übertreffen.

 

Ein wichtiger Aspekt zum Wohlbefinden kommt dem Thema Fairness zu. Zufrieden ist das Individuum, wenn das Gras im eigenen Garten etwas grüner ist als im Garten des Nachbarn. Dieser Aspekt führt immer wieder zu irrationalen Entscheidungen. Wenn man Personen vor die Wahl stellt, für 100.000 Euro in einer Firma zu arbeiten, in welcher das Durchschnittsgehalt bei 130.000 Euro liegt, oder alternativ bei einem anderen Unternehmen für 80.000 Euro bei einem Durchschnittsgehalt von 60.000 Euro, dann entscheiden sich die Probanden mehrheitlich für Variante zwei. Dem relativen Aspekt wird demnach mehr Bedeutung beigemessen als dem realen Gehalt.

 

Im Zuge des Clusters Fairness berücksichtigt der NeuWind die Indikatoren Pensionsausgaben in % des BIPs, das Verhältnis Einkommen oberes-unteres Quintil und den Anteil der Personen über 60 Jahren an der Gesamtbevölkerung.

 

Abbildung: Cluster Fairness

Quelle: ARUS (Daten: Eurostat, OECD, Weltbank, Transparency International)

 

Die Bewältigung der Pensionsproblematik ist in puncto Fairness eine der größten Aufgaben österreichischer Regierungen. Der demographische Wandel sowie der anstehende Pensionsantritt der Baby-Boomer-Generation setzen der Finanzierbarkeit des österreichischen Pensionssystems stark zu. Österreich leistet sich im internationalen Vergleich ein relativ teures Pensionssystem, was sich in einer konstanten Platzierung im 4. Quartil zeigt. Die Pensionsausgaben belaufen sich gegenwärtig auf 14,9% des BIPs. Im Vergleich dazu betragen die Ausgaben der EU-28 12,9% bzw. in Deutschland 11,9% des BIPs.

 

Die Einkommensverteilung ist für die Wahrung des Friedens innerhalb gesellschaftlicher Systeme von großer Bedeutung. Der zweite Indikator beschreibt das Verhältnis des Gesamteinkommens von 20% der Bevölkerung mit dem höchsten Einkommen (oberstes Quintil) zum Einkommen der 20% mit dem niedrigsten Einkommen (unterstes Quintil). In Österreich weist bei der Einkommensverteilung einen Faktor von 4,0 aus und liegt damit auf Platz 8.

 

Als dritter Indikator des Clusters Fairness wird der Anteil der über 60-jährigen an der Gesamtbevölkerung angegeben. Dies ist vor allem hinsichtlich der sozialen Ausgeglichenheit sowie der langfristigen Finanzierbarkeit der Sozialsysteme von essentieller Bedeutung. Bei einer überalterten Bevölkerungsstruktur muss ein relativ kleiner „junger“ Anteil die Fortführung der bestehenden Sozialsysteme finanzieren. Dies kann langfristig zu sozialen Spannungen führen. Neben den Pensionsausgaben ist unter anderem auch zu berücksichtigen, dass mit zunehmendem Alter auch die Kosten für das Gesundheitssystem signifikant ansteigen. Viele Länder in Europa müssen davon ausgehen, dass die budgetären Belastungen daher in den kommenden Jahren zunehmen. In Österreich sind gegenwärtig 24% der Bevölkerung über 60 Jahre. Damit liegt man im Vergleich mit den EU-28 auf dem siebenten Rang.

 

Abbildung: Cluster Fairness im historischen Zeitraffer

Quelle: ARUS (Daten: Eurostat, OECD, Weltbank, Transparency International)

 

In der Referenzperiode sind sowohl die Pensionsausgaben für Österreich als auch die EU-28 angestiegen. Bei der Einkommensverteilung ist ein gegenläufiger Trend zu beobachten. Während die Einkommensverteilung in Österreich in den letzten Jahren etwas geglättet wurde, ist die Schere in den EU-28 auseinandergegangen. Der Anteil der Personen über 60 Jahre ist sowohl in Österreich als auch in den EU-28-Ländern in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen.

 

Abbildung: Cluster Fairness – Platzierung im historischen Zeitraffer Österreich

Quelle: ARUS (Daten: Eurostat, OECD, Weltbank, Transparency International)

 

Bei allen Indikatoren des Clusters Fairness konnte sich Österreich in den vergangenen Jahren im Vergleich zu den EU-28 verbessern. Aufgrund der gesellschaftlichen und demographischen Gegebenheiten wird in Zukunft auch ein Augenmerk darauf zu legen sein, eine Generationengerechtigkeit innerhalb einer Volkswirtschaft zu gewährleisten. Gerade in Zeiten der Globalisierung kann es andernfalls zu großen globalen Verschiebungen wie z.B. der Auswanderung junger und qualifizierter Arbeitskräfte kommen!

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