Aktien aus Emerging Markets & Nachhaltigkeit – geht das?

14. Jan 2022 | Blog

VON Alfred Kober

Bei zahlreichen Investierenden geht mit Beginn des Kalenderjahres häufig auch eine Neuausrichtung der Veranlagung einher. Unmittelbar damit verbunden ist die Suche nach möglichst aussichtsreichen Investmentkategorien. In einem Umfeld, in dem Vermögensklassen fast ausnahmslos als teuer bezeichnet werden können, ist dieses Unterfangen nicht immer einfach. Auch mit dem mittelfristigen Blick nach vorne sind die dzt. tief negativen Renditekurven guter Schuldner wohl nur schwer dazu geeignet den realen Geldwert aufrecht zu erhalten. Andererseits geht mit einem hohen Exposure in schlechtere Bonitäten unmittelbar entsprechendes Kredit-/Spreadrisiko einher. Eine verzwickte Lage ist das. Ja ein Dilemma, das uns seit Jahren mehr als geläufig ist. Aktienseitig blicken wir mittlerweile auf mehr als eine Dekade zurück, die uns überdurchschnittliche Renditen bescherte, zumindest weitestgehend.

 

Im Gegensatz zur festverzinslichen Seite kennzeichnen sich Aktienmärkte durch heterogenere Verläufe, die sich durch die höheren Volatilitäten gegenüber Anleihen gut erklären lassen. Dieser geringere Gleichlauf der Aktienmärkte kam in den letzten Jahren unter anderem durch eine Divergenz im Bereich der Global Emerging Markets (GEM) gut zum Ausdruck. Seit der Finanzkrise vor über 10 Jahren laufen GEM-Unternehmen den Industrieländern hinterher (Abbildung 1). Dieses Marktverhalten sorgt für erhöhte Aufmerksamkeit und bringt die Asset Klasse verstärkt auf die Agenden der Anlagesitzungen.

 

Während der linke Chart in Abbildung 1 die Wertentwicklung der GEM-Aktienmärkte zu Industrieländern darstellt, ist auf der rechten Seite die Bewertungsdifferenz (Ratio) anhand einer Kennzahl zu erkennen. Die Graphiken veranschaulichen recht eindrucksvoll die Under-Performance der Aktienkurse in der letzten Dekade und die damit einhergehende aufklaffende Bewertungsdivergenz.

 

Unserer Philosophie entsprechend, versuchen wir unsere Investmentbausteine auch ESG-konform zu gestalten. Dies nicht erst seit dem spürbaren Nachhaltigkeitshype der letzten paar Jahre, sondern seit mittlerweile einer ganzen Dekade. Wir sind stets darum bemüht, auch herausfordernde Asset-Klassen, soweit es die Kategorie zulässt, mit einem möglichst gutem ESG-Güteniveau umzusetzen. Dabei stellen wir den Anspruch an uns selbst, dass unsere Kunden durch die Integration nachhaltiger Aspekte keine Performance-/Risikonachteile erfahren. Nachdem die Attraktivität der Aktien aus den GEMs stetig zunimmt, sind wir der Frage nachgegangen, inwieweit sich strenge Nachhaltigkeitskriterien (Interpretation D/AT) auch in Emerging Markets Portfolios umsetzen lassen. Dazu möchte ich in Folge einige Aspekte aufzeigen.

 

Ein Knackpunkt ist sicherlich die generelle Verfügbarkeit von Aktien mit ESG-Ratings und in diesem Kontext auch deren Rating-Verteilung. Vor allem beim Thema Best-in-Class ist die Sichtweise auf die Verteilung für uns von essentieller Bedeutung. Des Weiteren will ich auch kurz auf die Konsequenzen einer Orientierung an gängigen Kriterien-Sets (Ausschlüsse) eingehen, da besonders in diesem Zusammenhang häufig Vorurteile herrschen. Das Thema der Kriterien-Sets ist insofern von zentraler Bedeutung, da sich vor allem institutionell Investierende häufig an diesen Kriterienkatalogen ausrichtet.

 

Entgegen aller Vermutung, dass ESG-Ratingagenturen Emerging Markets stiefmütterlich behandeln, ist der Abdeckungsgrad mittlerweile recht hoch. Jedenfalls aus unserer Sicht ausreichend, um darauf aufbauen zu können. Die Verteilung der Nachhaltigkeitsratings deckt sich jedoch mit der Vermutung, dass ESG-relevante Themen in den GEMs noch nicht die Stellung haben, die wir hierzulande bemerken. Das Delta zwischen GEM und Industrieländer ist allerdings überschaubar und teils doch besser, als vielfach vermutet. Abbildung 2 veranschaulicht die Aktien-Coverage einer renommierten ESG-Ratingagentur und deren Verteilung anhand einer 12-stufigen Ratingskala von A+ bis D-. 

 

 

Es ist der unterdurchschnittliche Ratingbereich, in dem sich auffallend mehr Unternehmen aus den GEMs einfinden und deren Durchschnittsrating entsprechend verschlechtern. Diametral dazu ist der Anteil von Emittenten mit sehr hohen ESG-Ratings etwas geringer. Aber auch in den hohen Gütesegmenten sind zahlreiche Gesellschaften aus den Emerging Markets angesiedelt. 

 

Neben der Rating-Verteilung ist natürlich auch die Verletzung von unterlegten kontroversiellen Themen in aller Regel immer ein Thema, das es in den Portfolios zu adressieren gilt. Die Vielfalt und die unterschiedlichsten Kombinationsmöglichkeiten sind dabei enorm und vor allem auch aus diesem Grund bedient sich der Großteil der Investierenden standardisierter Kriterienkataloge. Dabei divergiert deren Schwerpunktsetzung zum Teil erheblich.

 

In der Abbildung sind einige dieser Kriterien-Sets und deren Ausschlusswirkung auf das für uns relevante GEM-Aktienuniversum dargestellt. Die Analyse umfasst rd. 1380 Einzeltitel, die wir auf deren Ausschluss (nicht investierbar im Sinne der Kriterien-Sets) analysiert haben. Da einzelne Unternehmen auch mehrere Verstöße zu den unterlegten Kriterien aufweisen können, wurden auch Einzelverstöße angezeigt. 

Bis auf eine Ausnahme ist das Ausmaß an auszuschließenden und demnach nicht investierbaren Unternehmen recht ausgewogenes. Wie im Bereich der Anleihen sind die Richtlinien Ethische Geldanlagen der Österreichischen Bischofskonferenz und der Ordensgemeinschaften Österreich (FinAnKo) die restriktivsten und schränken die Veranlagungsmöglichkeiten entsprechend stark ein. Auffallend dabei ist, dass auszuschließende Gesellschaften in der Regel gleich gegen mehrere Kriterien der FinAnKo verstoßen. Die restlichen Sets zeigen eine ausgewogenere Charakteristik, wenngleich sich die auszuschließenden Gesellschaften zum Teil wesentlich unterscheiden. So knüpfen beispielsweise die Vorgaben des Global Compacts der Vereinten Nationen (UNGC) stark an soziale Themen an, also am „S“ im ESG-Kontext, während ökologische Themen im Rahmen des Österreichischen Umweltzeichens (UZ49 verstärkt ökologische Themen adressiert werden), dem „E“.

 

In den vergangenen Monaten haben wir uns intensiv den Aspekten rund um das Thema der nachhaltig ausgerichteten Aktienveranlagung in Emerging Markets gewidmet. Aus den Ergebnissen können wir ableiten, dass eine verantwortungsvolle Veranlagung in diesem Segment absolut möglich ist, ohne dabei Abstriche hinsichtlich Ertrags- und Diversifikationsqualität hinnehmen zu müssen. Das eine schließt das andere nicht aus. Ökonomische Aspekte bleiben für uns weiterhin die zentralen Größen in der Kapitalveranlagung.

 

Auf der Basis der gewonnen Kenntnisse können wir unseren Investoren diesbezüglich definitiv Expertise und entsprechende Lösungen anbieten. Ein ausführlicheres Arbeitspapier zu diesem Thema ist gegenwärtig in Ausarbeitung und kann gerne beim mir als Mitautor angefordert werden.

Besten Gruß

Alfred Kober

Hier können Sie den Verfasser gerne kontaktieren: alfred.kober@securitykag.at

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