Eine historische Herausforderung für Notenbanken

20. Mai 2022 | News

VON Joachim Waltl

Vor mehr als über einem Jahr nahm die Mehrheit der Notenbanken, Analysten und Experten an, die Wareninflation sei durch Lieferkettenprobleme im Zusammenhang mit der Pandemie verursacht worden und würde mit der Zeit nachlassen. Die immer noch hohe Inflation zeigt, dass sie sich mittlerweile in die Preisgestaltung und die Erwartungen der Unternehmen eingefügt hat, aber auch, dass sie sich bereits in der Denkweise der Menschen wiederfindet. Dies macht es für Notenbanken schwierig, die Inflation, ohne eine straffere Geldpolitik zu reduzieren. Aus einer ursprünglich erwarteten, oder erhofften, kurzfristigen Teuerungswelle entwickelte sich der derzeitige Reallohnverlust, der letztendlich die Fantasie enttarnte, politisch gewollte überzogene Ausgaben kombiniert mit leichtem Geld der Notenbanken wären gut für die Bevölkerung. Die moderne Geldtheorie sollte sich auf stetiges Wachstum und Stabilität stützen. Derzeit produziert diese neue moderne Geldtheorie die höchste Inflation in den letzten 30 bis 40 Jahren.

 

Eine kurze Analyse der britischen Denkfabrik Institute for Fiscal Studies, IFS, beschreibt den Einfluss der Inflation auf die unterschiedlichen Einkommensschichten (https://ifs.org.uk/publications/16058). Mit 9 % im Jahresvergleich erreichte im April 2022 die Teuerung in Großbritannien ein Vierzigjahreshoch. Das IFS unterteilte die Haushalte in 10 Einkommensschichten - von den 10 % der Haushalte mit den geringsten Einkommen bis zu den 10 % mit den höchsten Einkommen. Der Analyse zufolge sah sich die unterste Einkommensschicht mit einer Inflationsrate von sogar 10,9 % im Jahresvergleich konfrontiert. Verglichen dazu stiegen die Preise für die oberste Schicht aber um „nur“ 7,9 %, als um 3 % Punkte weniger. Der prozentuelle Anteil am Einkommen von Gütern des Alltagsgebrauchs ist für die unterste Einkommensschicht deutlich höher, als diese im Warenkorb gewichtet sind. Preisteuerungen von Alltagsgütern haben für sie somit eine gewichtigere Auswirkung. Ein solcher „Verbraucherkorb“, der für alle Einkommensschichten gleichermaßen gilt, ist ein integraler Bestandteil der modernen Geldtheorie und Wirtschaftspolitik, wird aber öffentlich wenig bis kaum diskutiert. Die britische Inflation wird zur Zeit von steigenden Energiekosten getragen. Die Strom- und Erdgasrechnungen der Haushalte sind sogar um 54 % gestiegen. Da Energie einen höheren Anteil am Budget eines Haushalts mit niedrigem Einkommen ausmacht, ungefähr 11 % ihrer Gesamtausgaben, verglichen mit 4 % bei den Spitzenverdienern, sind Briten mit niedrigem Einkommen der Energiepreisinflation deutlich stärker ausgesetzt. 

 

Dass die Inflation als stark regressive Steuer auf Geringverdiener wirkt, ist unter Ökonomen hinlänglich bekannt und könnte noch zu einer Belastung für Politiker werden. Ihr jahrelanges Hintanstellen von Reformen mündete in eine längere expansive Notenbankpolitik, die durch vom Energiewandel verursachte Energiepreise noch verstärkt wurde. Nun stehen Notenbanken vor der Aufgabe etwas zu tun, was beispielsweise eine US-Federal-Reserve (Fed) in ihrer Geschichte noch nie erreicht hat: die Inflation stark zu reduzieren, ohne den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft stark zu belasten. In den letzten 80 Jahren hat die Fed die Inflation noch nie so stark gesenkt, wie sie es sich jetzt vornimmt, ohne eine Rezession auszulösen. Bereits siebenmal in den letzten 80 Jahren musste die Inflation notwendiger Weise stark gesenkt werden. Die Auswirkungen auf die Wirtschaft waren unterschiedlich, deuten aber darauf hin, dass das gewünschte Szenario eines sogenannten „Soft Landings“, eine sogenannte weiche Landung der Wirtschaft ohne Rezession, theoretisch möglich ist. Dennoch ist das Risiko eines Scheiterns hoch, insbesondere weil die Nationalbanken bereits der Inflation nachjagen, anstatt das Problem anzugehen, bevor es entsteht. Der US-Fed Präsident, Jerome Powell, hat schon vor der Invasion Moskaus in der Ukraine im Februar den Grundstein für eine Reihe von Zinserhöhungen gelegt. Der Krieg und die Covid-19 Lockdowns in China, die die Lieferketten weiter störten, erschweren zusätzlich das Leben der Notenbanken. Es wird eine historische Herausforderung für die großen Nationalbanken.    

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