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04. Juni 2025
Kapitalmarkt Kompakt
Unzuverlässig, intransparent und instabil
Mit diesen 3 Adjektiven verbinden immer mehr Investoren, Geschäftsleute, ja mittlerweile sogar Studierende ihre Beziehung zu den USA. Während die neue Regierung rund um Trump ihre Zollideen munter weiterspielen und die Rahmenbedingungen für Portfolio- und Direktinvestoren damit zumindest nicht verbessern, hat nun auch die letzte der 3 großen Ratingagenturen die Bontitätseinschätzung für US-Schulden heruntergestuft. Das beflügelt Risikoaufschläge und die bereits sehr hohen Zinszahlungen werden sich angesichts des astronomischen Refinanzierungsbedarfs in den kommenden 2 Jahren wohl weiter erhöhen. Abgesehen von DOGE, dessen Einsparungseffekte sehr weit hinter den Erwartungen blieb, sind kaum Anstrengungen zum Sparen erkennbar. So wird nach mehreren Jahren der Hochkonjunktur und der materiellen Defizitpolitik (dem 6. Jahr in Folge) auch für 2025 ein Defizit erwartet, das die nominelle Wachstumsrate der Wirtschaftsleistung deutlich übersteigt.
Daneben kämpft der alte Kontinent Europa mit seinen eigenen Problemen. Es wäre zu begrüßen, wenn die gegenwärtige konservative US-Politik des Abschottens, als Chance für Europa nicht nur erkannt, sondern auch genutzt wird. Die konjunkturelle Dynamik ist jedoch weiterhin eine geringe, insbesondere im Bereich der Industrie bzw. des verarbeiteten Gewerbes. Es bleibt viel an Unsicherheit, viel an überbordender Bürokratie, die gesunden Unternehmen zunehmend die Luft zum Atmen nimmt, sowie die weiterhin vergleichbar hohen Energiepreise. Die gesenkten Geldmarktzinsen helfen, sind hingegen ein Tropfen am heißen Stein und verpuffen angesichts der strukturellen Probleme, die der alte Kontinent in den Griff bekommen muss, um den geschaffenen Wohlstand auch in den kommenden Jahren zumindest zu verteidigen.
Zinsmarkt
Unbeeindruckt von den politischen „Querschüssen“ setzt der US-Notenbankpräsident Jerome Powell seine besonnene Politik fort und behielt das Zinsniveau in Hinblick auf potenzielle Preissteigerungen durch Zölle weiter bei. Die EZB hingegen vollzog erst im April die letzte Senkung und wird aller Voraussicht nach im Rahmen der Junisitzung den Pfad der Senkungen fortsetzen.
Angesichts der unterschiedlichen Geschwindigkeiten von US-FED und EZB ist die Zinsdifferenz am Geldmarkt nun wieder auseinandergelaufen. Dieses Delta von mittlerweile rd. 3% an jährlichem Unterschied materialisiert sich in entsprechend hohen FX-Hedgingkosten. In Anbetracht unserer strategischen FX-Sicherungspolitik bei Anleihen (ex. GEM), verkleinert sich damit sukzessive das auf US-Dollar denominierte Universum an attraktiven Schuldtitel.
Wenngleich die Renditen im Mai – insbesondere zwischenzeitlich zur Monatsmitte – höher tendierten, blieben zuletzt Hiobsbotschaften aus. Die Steilheit der Zinskurven nimmt weiter zu und insbesondere die längeren Bereiche weisen mittlerweile höhere Renditeniveaus auf. Eindrucksvoll zeigen das die Renditen im 30jährigen Bereich, die mächtig unter Druck stehen und an bzw. nahe an den Hochs der letzten Jahre notieren. Während sich dabei in Japan die Renditen (mittlerweile 3% p.a.) allein in den letzten 2 Jahren nahezu verdreifacht haben, handeln 30jährige Staatspapiere der restlichen G7-Länder ebenso nahe an den Hochs der letzten Zeit. So etwa UK mit rd. 5,5% p.a., USA mit ca. 5% p.a. oder auch Deutschland mit rd. 3% p.a. usw.
Die im Vergleich zum April ruhigere Nachrichtenlage wirkte wie Balsam auf den massiven Ausschlag der Risikoprämien. Credit-Spreads, insbesondere in den risikoreicheren Bereichen wie High-Yields und teilweise auch in Emerging Markets, haben sich wieder massiv eingeengt. Das gegenwärtige leicht erhöhte Niveau sehen wir als definitiv nachhaltiger an als die angespannten Tiefststände, die wir in den ersten Monaten dieses Jahres beobachten konnten.
Aktienmarkt
April Showers bring May Flowers – treffender sind die letzten Wochen wohl nicht zu bezeichnen. Sehr tief in den Keller gerutscht, war das Investorensentiment noch Anfang April. In einer beispiellosen Kursrallye stiegen seither Aktienmärkte global an und beendeten den Mai mit einer der stärksten Monatsperformance seit Jahren.
Traditionell vergessen Finanzakteure recht schnell und aus der Angst bildet sich nun wieder die Furcht davor, künftige Kursgewinne zu versäumen. Das Pendel schlägt also wieder in die andere Richtung um. Grundsätzlich haben sich die Rahmenbedingungen nicht wesentlich geändert. Die Bewertung einzelner regionaler Aktienmärkte ist recht ambitioniert und schlägt historisch eher am oberen Ende an. Hauptgrund dafür bleiben weiterhin einzelne Sektoren. Dem entgegenzusetzen ist ein sehr guter Verlauf der letzten US-Berichtsaison, in der über 3/4 der Unternehmen die Analystenschätzungen schlagen konnten. Globale Topperformer waren in den Sektoren IT, zyklischer Konsum und Industrie, also den zyklischen Segmenten zu finden. Zudem kaufen US-Konzerne eigene Aktien in noch nie dagewesenem Ausmaß zurück. Allein im Q1 d. J. umfassten die Ankündigungen ein Ausmaß von über 500 Mrd. US-Dollar (USD) – für das Gesamtjahr sollte das Volumen die 1 Billion USD-Marke leicht knacken können.
Trotz massiver In-Flows von dieser Seite, und das läuft bereits viele Jahre sehr ähnlich, verläuft momentan die Entwicklung internationaler Aktien exkl. der USA sowie die alternativer Gewichtungsansätze (z.B. Titelgleichgewichtung) besser. Aufgrund der stark aufgeschaukelten USD-Quoten in den globalen Anlageportfolios und der Kombination mit der teils erratischen politischen Nachrichtenlage ist ein Anpassen der USD-Gewichtungen der globalen Asset Manager durchaus nachvollziehbar.
Rohstoffe & Währungen
Rohstoffe zeigten im Vormonat ein weitaus ruhiges Verhalten. Auch der Kursanstieg des wohl zuverlässigsten Volkswirtes „Dr. Copper“ weist auf keine unmittelbare Rezessionsgefahr hin. Während der Goldpreis mit rd. 3.300 USD pro Unze nahe an den Hochs notiert und auf eine unglaubliche Rallye zurückblickt, neigt der USD gegenüber Euro (EUR) weiterhin zur Schwäche. Das Agieren der US-Politik unter den vorherrschenden Rahmenbedingungen lässt eine weitere Abschwächung erwarten – mittlerweile ist dies leider eine Konsensentscheidung.
Ausblick
An die Wild-Card „Trump“ gewöhnen sich die Marktteilnehmer nun immer mehr. Zum einen ist dies besorgniserregend, zum anderen nimmt es Volatilität aus dem Markt. Dass die letzte Zolldiskussionen mit China zu keinen nennenswerten Reaktionen an den Kapitalmärkten führten, deutet auch auf ein vorherrschendes Vertrauen und Stärke der Aktienseite hin.
Seitens der Ertragserwartungen zeigt sich weiterhin ein sehr differenziertes Bild. Während die langfristigen Aussichten europäischer Aktien weiterhin um rd. 4-5% p.a. über den EUR-Swap-Raten liegen, leidet die Attraktivität von US-Aktien aufgrund der höheren Bewertungen und der geringen Ausschüttungen zusehends. Weiter steigende Renditen und steigende Ertragserwartungen der Fixed-Income-Segmente könnten dabei das Fass zum Überlaufen bringen. Dem gegenüber stehen höhere Inflationsbefürchtungen in den USA. Bewahrheiten sich diese nicht, könnte dies den Kursen an den internationalen Kapitalmärkten (Anleihen & Aktien) einen weiteren Auftrieb verleihen. Angesichts dessen bleibt es sehr spannend.
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