06. Mai 2025

Kapitalmarkt Kompakt

Umfeld

In der Tat – wir erlebten Wochen, die in die Geschichtsbücher eingehen werden! Nach mehreren ruhigen Quartalen hat sich die Risikoseite der Kapitalmärkte eindrucksvoll zurückgemeldet. Die ausgeprägten Kursbewegungen – sowohl an den Aktien- als auch an den Währungsmärkten – sowie die sprunghaft gestiegene Volatilität an den Derivate-Märkten spiegeln die Verunsicherung der Marktteilnehmer und die gestiegene Nachfrage nach Absicherungsinstrumenten deutlich wider. Wenngleich sich die aufgeschaukelte Situation zuletzt wieder etwas beruhigt hat, bleiben die Rahmenbedingungen weitestgehend unverändert und vor allem unberechenbar.

Dieser Umstand drückt sich in drastisch erhöhten impliziten Volatilitäten aus, deren Indexniveau (VIX-Index) nur wenige Male höher lag, dazu zählte der Höhepunkt der Finanzkrise vor rd. 17 Jahren sowie der COVID-Crash im Jahr 2020. Immerhin wird dieser Index bereits seit 1990 gerechnet und deckt damit einen Großteil der Zeit der aktuellen Investorengeneration ab.

Der Höhepunkt der Panik in der ersten Aprilhälfte legte sich erst, als die Renditen von US-Staatspapieren auf ein schwer verträgliches Niveau anstiegen sind (30Y auf 5% p.a.) und die Verlustdynamik an den Aktienmärkten rasant zulegte. Damit wurde nun auch die empfindliche Stelle der Trump-Regierung/der USA offensichtlich. Der hohe Refinanzierungsbedarf in den nächsten 18 Monaten erlaubt keine allzu hohen Renditen und schon gar keine Flucht der Gläubiger aus US-Staatspapieren.

Unglücklicherweise hat die gesamte Thematik der Sonderzölle nicht nur zu einem Vertrauensverlust seitens der Handelspartner, sondern auch zu einer tiefgreifenden Verunsicherung in der US-Bevölkerung geführt. Diese zeigt sich zunehmend enttäuscht von Trump 2.0 und übt sich in Zurückhaltung. An sich fatal für eine konsumgetriebene Wirtschaft, deren Wachstums nun wohl noch schneller als erwartet an Dynamik verlieren wird.

Mit 145% Sonderzoll gegenüber China und 125% gegenüber den Vereinigten Staaten kommt der Handel der beiden Nationen mehr oder weniger zum Erliegen. Beim Thema der Lieferketten kommen schnell Erinnerungen an die COVID-Lockdowns und den darauffolgenden Inflationsschüben hoch. Zudem wirken höhere Handelszölle preissteigend. Wie sehr sich final stagflationäre Kräfte festsetzen, werden die nächsten Monate zeigen. Schon jetzt poltert der US-Präsident lautstark in Richtung der US-Notenbank und übt zunehmend scharfe Kritik gegenüber Notenbankpräsident Powell, der weiterhin abwartend und durchaus besonnen agiert.

Zinsmarkt

Während das US-Leitzinsband seit der Dezembersitzung beibehalten wurde (4,25-4,5% p.a.), hat die EZB am 17. April mit einer Senkung um 25 Basispunkte (bps) ein weiteres Mal reagiert. Mit der erwarteten Senkung im Juni d. J. sollte der Diskontzins somit 2% p.a. erreichen. Die Zinsdifferenz zwischen EUR und USD und somit die Kosten einer USD-Währungssicherung sind damit wieder angestiegen.

Die Verunsicherung in den letzten Wochen haben nun auch zu höheren Risikoprämien bei Anleihen geführt. Am empfindlichsten reagierten in diesem Zusammenhang die Risikoprämien schlechterer Schuldner. In diesem Segment der High Yield Anleihen sind die Risikoaufschläge seit dem Tief im Februar d. J. zwischenzeitlich um ca. 170 bps. angestiegen, bevor diese zum Monatsende hin wieder um 50 bps. nachgaben. Die Ausprägung im Bereich der Global Emerging Markets Staaten (HC) sowie der Unternehmensanleihen guter Schuldner war weniger stark ausgeprägt.

Interessant zeigte sich auch das Verhalten von US-Staatsanleihen rund um den Liberation Day Anfang April. Re-Finanzierungs- und Inflationssorgen rund um diese Zeit wurden gegen Monatsende hin von Wachstumsbedenken abgelöst. Entsprechend sanken die Renditen langlaufender Staatsanleihen von rd. 5% auf 4,7% p.a. Die Rendite deutscher und österreichsicher Staatsanleihen notierten am Monatsende bei 2,45% bzw. bei 2,9%. Auffallend ist zudem der hohe Konvergenzgrad innerhalb der Eurozone.

Die Ertragserwartungen von Unternehmens- und Schwellländeranleihen (Hartwährung) zum Monatsende lagen auf Eurobasis in der Bandbreite von 4,5 bis 6% p.a. und erreichten damit wieder attraktive Niveaus. Insbesondere im Kontext einer breiteren Asset-Allocation in Kombination mit Aktien zeigen sich Anleihen weiterhin attraktiv.

Aktienmarkt

Die vergangenen Wochen lassen sich in der Tat als ein wilder Ritt bezeichnen. Vorübergehende Kursverluste von über 10% in kürzester Zeit, ein verfallender US-Dollar und die Drohgebärde einer Rezession zehrten am Nervengerüst der Aktieninvestoren. Die Stimmung und das Sentiment waren im Keller und insbesondere die hohe Gewichtung von US-Aktien in vielen der global ausgerichteten Portfolios wurde/wird zusehends hinterfragt. Bis zum April d. J. haben sich globale Titel außerhalb der USA deutlich besser entwickelt als US-Titel und damit einen kleinen Teil der Performancedivergenz der letzten Jahre wieder ausgeglichen. Der Spielraum hin zu einer Bewertungskonvergenz ist weiterhin ein großer.

Die Kurskorrektur hat auch zu einem Abbau der zum Teil bereits sehr hohen Bewertungen geführt. Insbesondere bei den bekannten IT-Größen, die weiterhin gute Geschäftsergebnisse veröffentlichen und punktuell bereits materiell im Kurs korrigiert haben. Die dzt. veröffentlichten Ergebnisse beziehen sich allerdings auf das Q1 d. J. Damit sind die Auswirkungen der Sonderzölle und die potentiellen Störungen der Lieferketten noch nicht enthalten. Angesichts dessen ist vor allem der Blick nach vorne der interessantere.

Die Kursdynamik in die Korrektur hinein hat sich auch im Zuge der Erholung fortgeführt. Investoren, die sich in der ersten Aprilhälfte zu konservativ positionierten, wurden am falschen Fuß erwischt. Aktienmärkte wie der österreichische oder auch der deutsche beendeten den April mit positivem Vorzeichen. Kurioserweise verzeichnete auch der NASDAQ 100 Index im April einen Kursanstieg von >1,5%.

Rohstoffe & Währungen

Die Nervosität an den Kapitalmärkten und der Vertrauensverlust sind derzeit extrem hoch. Entsprechend parabolisch hat der Goldpreis reagiert und ist im April von 3.124,- USD/Unze auf zwischenzeitig 3.500,- USD/Unze angestiegen. Damit ist der Preis seit Jahresbeginn um rd. 25% angestiegen – Silber, das „Gold des armen Mannes“ reagierte hingegen kaum.

Die Politik Trumps hat zuletzt zu erheblichen Einbußen der US-Währung geführt. Der USD hat in diesem Jahr knapp 10% an Wert gegenüber dem EUR eingebüßt. Der Effekt ist bei der Performancerechnung klassischer ungesicherter US-Investments natürlich zu berücksichtigen. Gut verständlich, dass das US-Exposure international investierender Asset Manager derzeit einer Re-Evaluierung unterzogen wird.

Ausblick

Das Kurspendel ist zuletzt ins negative Extrem ausgeschlagen und bewegt sich nun wieder zurück ins Gegenteilige. Vieles deutet darauf hin, dass sich das positive Momentum der letzten Aprilwoche noch weiter fortsetzt, zumal die Verkäufe massiv waren.

Wesentlichen Rahmenbedingungen haben sich allerdings nicht geändert. So stecken europäische Kernländer das 3. Jahr in Folge fest in einer Rezession, das globale Wachstum schwächt sich zunehmend ab und der US-Präsident wird weiter lautstark versuchen seine Forderungen auf sehr undiplomatischer Weise durchzusetzen. Angesichts der hohen Verschuldungsgrade bleibt die Refinanzierung der Schulden weltweit ein zentrales Thema.

Immer wieder bot der Kapitalmarkt irrationalem politischen Treiben Einhalt. Die letzten Wochen führten uns dies am Beispiel der US-Renditen gut vor Augen. Reißt diese Achillessehne könnten uns an den globalen Kapitalmärkten stärkere Schwankungen bevorstehen. Ebenso wäre ein bewusstes Herbeiführen einer Rezession, um in Folge niedrigere Refinanzierungskosten zu nutzen, sowohl ein gefährliches als auch ein wenig lohnenswertes Unterfangen. Immerhin erwiesen sich Rezessionen für Volkswirtschaften immer noch als sehr kostspielige Phasen. Ich hoffe, dass zumindest dahingehend der gewonnene Eindruck täuscht.

Alfred Kober
Vorstand, CIO, Leitung Aktienfondsmanagement
Alfred Kober

Risikohinweis

Die Security BLOGS stellen lediglich die persönliche Meinung des Verfassers im Erstellungszeitpunkt und daher nicht die Meinung des Medieninhabers dar. Eine Haftung für diese Aussagen kann vom Medieninhaber ausdrücklich nicht übernommen werden.

Weitere Informationen

Weitere Artikel der Ausgabe 2025-04

05. Mai 2025

Wachsende Spreaddifferenz im High-Yield-Segment: USA versus Europa

Was sich in den letzten Monaten angebahnt hat, wird nun offensichtlich: Die Risikoaufschläge  …

14. Apr. 2025

Neue Perspektiven für Jugendliche in Graz-Umgebung: Die Hobby Lobby wächst weiter

Bildung und Chancengleichheit sind zentrale Anliegen der Security KAG – daher unterstützen wi …

Mit
Sicherheit
faktenbasiert.

Diese Website richtet sich primär an institutionelle öster­reichische Inves­toren und dient aus­schließlich zur Information unserer Anleger. Die Infor­mationen auf unserer Web­seite stellen kein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Finanz­instru­menten oder für eine Anlage­beratung dar. Trotz Bemühungen unserer­seits, die Inhalte weitest­gehend für alle Ziel­­gruppen aufzu­bereiten, können sich Inhalte auf der Web­site befinden, die nicht für private Anleger geeignet sind.
Sollten Sie als Privat­­anleger weiter­führende Informationen benötigen, wenden Sie sich bitte an Ihren Berater.
Alle unsere Fonds sind in Österreich zum Vertrieb zugelassen. Jene Fonds, die auch zusätzlich in Deut­sch­land zuge­lassen sind, finden Sie unter Fonds Deutschland.

Bitte informieren Sie sich in den gesetzlichen Verkaufs­unterlagen, wie beispielsweise im Prospekt oder dem Basis­informationsblatt (kurz „BIB“ gültig ab 1.1.2023), bevor Sie eine end­gültige Anlage­entschei­dung treffen. Beachten Sie die allgemeinen Risiko­hinweise unter Risikohinweis sowie die individuellen Risiko­hinweise der Fonds laut Prospekt sowie bei nachhaltigen Fonds unter Nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungen.