Blog / Nachhaltigkeit

17. März 2023

Nachhaltigkeitsgüte im Zeitverlauf

Im heutigen Blogbeitrag werden Länder und ihre Entwicklung im Sinne der Nach­haltigkeit analysiert. Zuerst wird ein Überblick über den aktuellen Stand dargestellt und danach geht es um die Frage, warum die nachhaltige Entwicklung von Staaten anders – und in welchem Sinne anders ist – als die Nach­haltigkeits­entwicklung von Unternehmen.

Dafür dient die Nach­haltigkeits­güte gemessen am ESG Performance Score Daten von ISS ESG als Basis. Um den aktuellen Stand bzw. die Entwicklung in den letzten 3 Jahren darzustellen, werden die Änderungen der Scores verwendet. In der Analyse sind nur solche Länder mit­einbezogen, die seit 2020 durch­gehend über ein Rating verfügen.

Als erster Schritt werden die Länder der Europäischen Union unter die Lupe genommen. Von den 27 EU-Ländern, haben sich in den letzten 3 Jahren 16 Länder im nach­haltigen Sinne positiv und 10 Länder negativ entwickelt. Zu einem Land sind zur Analyse nicht genug Daten vor­handen. In der unten stehenden Grafik sind die größten positiven und negativen Änderungen der ESG Per­formance Scores dargestellt. Was genau der Grund für die Ver­besserung bzw. Ver­schlech­terung sein kann, lässt sich von den Nachhaltigkeits­profilen der jeweiligen Länder nur ungefähr ableiten, da es ein komplexes Zusammen­spiel von verschiedenen Faktoren und Indikatoren ist. Ein paar Beispiele wurden trotzdem ausgesucht und es wurde der Frage nachgegangen, was zu einer großen Verbesserung oder Verschlechterung des Scores geführt haben könnte. So kann in Italien beispiels­weise die sprunghafte Verbesserung im Jahr 2020 neben anderen Faktoren auf die Streichung der Kohle als Energie­träger zurückgeführt werden. Spanien hat sich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 alle Kohle­kraftwerke und Atom­reak­toren zu schließen, da das Land eigen­tlich sehr reich an erneuerbaren Energieträgern ist. Auf der Flops-Seite wurden die Scores der Länder im Jahr 2022 stark von den steigenden Militär­budgets und Waffen­exporten beeinflusst.

Tops und Flops EU Security KAG

Schweden war der Worstperformer. Dies resultiert höchst­wahrscheinlich aus dem rasanten Anstieg von konventionellen Waffen­exporten. In Polen ist der Anteil von Frauen in Führungs­positionen sehr niedrig und hat auch in den letzten Jahren ständig ab­genom­men. Lettland hat seit 2020 das Militär­budget rasant erhöht.

Bei den Emerging-Market-Ländern schaut das Ergebnis der Analyse doch anders aus. Einerseits sind die Ampli­tuden der Ände­rungen der ESG-Scores in beide Rich­tungen größer als bei den Ländern in Europa. Anderer­seits ist die Anzahl der Ände­rungen nach unten oder nach oben ziemlich ausgeglichen. Die Betrachtung der Veränderung der Scores ist jedoch nicht besonders aus­sage­kräftig, da viele Länder erst in den letzten Jahren in das Screening Uni­versum auf­genom­men wurden und somit 2020 noch keine Nachhaltig­keits­bewertung vorlag. Von den Ländern, welche über genügend Daten verfügen, haben in den letzten 3 Jahren 11 Länder eine Ver­bes­serung erreicht und 12 Länder haben sich ver­schlechtert.

Tops und Flops EM Security KAG

Im nächsten Schritt werden die Durchschnitts-ESG-Scores der Länder und Unter­nehmen sowie die Ent­wicklung dieser Scores in den letzten 3 Jahren angeschaut. Dafür wurden nur solche Staaten und Länder im Vergleich mit­einbezogen, welche seit 2020 durch­gehend im ISS ESG Universum sind. Neuzugänge im Uni­versum sind dabei ausgeblendet. Das Er­gebnis ist überraschend. Bei den Durch­schnittscores von Ländern ist ein laufender Rück­gang zu beobachten, während Unter­nehmen eine laufende Ver­besserung der ESG-Durch­schnittscores erreichen konnten.

Machen Unternehmen einen größeren Beitrag für eine nachhaltige Zukunft als Länder, oder sind sie einfach durch weniger externe Fak­toren oder politische Ent­scheidungen beeinflusst? In der vorigen Analyse waren nur die letzten 3 Jahre berücksichtigt, was für einen längeren Zeitraum nicht ganz aussagekräftig ist. Dafür wird ein weiterer Indikator in die Analyse aufg­enommen, der Freedom House Index. Freedom House bewertet den Zugang der Menschen zu politischen Rechten und bürgerlichen Freiheiten in 210 Ländern und Gebieten, durch seinen jährlichen Bericht Freedom in the World. Individuelle Freiheiten – von Wahlrecht über Meinungs­freiheit bis hin zu Gleichheit vor dem Gesetz – können von staatlichen oder nicht­staatlichen Akteuren beeinflusst werden. Der Freedom House Index beschreibt zwar nur wenige Aspekte der ESG (eher nur S- und G-Aspekte), als der ESG Performance Score, aber im Hinblick darauf,  für einen längeren Zeitraum. Die untenstehende Grafik unterstützt auch das Ergebnis der vorigen Analyse, dass Staaten in den letzten Jahren einfach nicht mehr so engagiert sind wie zuvor. Bis Anfang der 2000er Jahre, kann ein ständiges Wachstum der „Free“ Staaten beobachtet werden. Seitdem ist aber der große Aufschwung verschwunden und es gibt eine Stagnationsphase. In der Grafik sind die verschiedenen Gründe für den Aufschwung gut ablesbar, aktuell ist aber weltweit kein Engage­ment zu beobachten.

Quelle: https://freedomhouse.org/sites/default/files/2023-03/FIW_World_2023_DigtalPDF.pdf

Um den letzten Aspekt der ESG (Umwelt, Soziales und Governance) auf Länderebene darzustellen, kann zum Beispiel eine Grafik über die CO2-Emissionen der Länder dienen. Es gibt Länder, die sich engagieren und versuchen ihre CO2-Emissionen zu senken oder zumindest gleich zu halten, während andere ihre Emissionen in den letzten 40 Jahren sogar erhöht haben. Hier gibt es eine starke Divergenz zwischen Developed Market und Emerging Market Länder.

Jährliche CO2 Emissionen - Security KAG

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Unternehmen sich bemühen, ihr Verhalten (gemessen am ESG-Performance-Score in immer nach­haltigere Wege zu gestalten, während man bei Ländern nicht dieselbe Entwicklung sieht. Obwohl gerade Länder in diesen Themen eigentlich eine Vorreiter­rolle spielen sollten.

Laura Lemle
Anleihenfondsmanagement
Laura Lemle (in Karenz)

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