
Blog
11. August 2025
„As Accurate as Possible“
Für Investoren spielt die Qualität von Wirtschaftsdaten eine zentrale Rolle – sie ist Grundlage für das Vertrauen in die wirtschaftliche Gesamtlage, in Kapitalmärkte und in das Währungssystem eines Staates.
Die Entlassung der ranghöchsten Beamtin des US Bureau of Labor Statistics (BLS), der US Bundesbehörde für Arbeitsmarktdaten könnte dieses Vertrauen beeinflussen. Bereits bestehende Unsicherheiten durch den Handelskonflikt und die öffentlichen Äußerungen zur Geldpolitik der Federal Reserve bilden dabei den Hintergrund. Langfristig könnte sich dies auf die Risikoprämien von US-Vermögenswerten auswirken.
Vergleichbare politisch motivierte Eingriffe in Institutionen werden bisher vor allem aus Schwellenländern wie der Türkei, Ungarn oder einzelnen Staaten Lateinamerikas und Asiens berichtet. Während die mögliche Politisierung der US Federal Reserve in den vergangenen Monaten Thema war, betrifft die aktuelle Entwicklung den Bereich der Datenerhebung.
Anleger nutzen Wirtschaftsberichte und -statistiken, um Entscheidungen an den Kapitalmärkten zu treffen. Nach Veröffentlichung schwächerer Arbeitsmarktdaten Ende Juli 2025 wurde Erika McEntarfer, die ranghöchste Beamtin des amerikanischen BLS, am 1. August entlassen. Laut offizieller Darstellung sollte damit die Genauigkeit der Daten sichergestellt werden. Diese Maßnahme könnte jedoch zu einer Neubewertung der Verlässlichkeit offizieller US-Daten durch Marktteilnehmer führen.
Kurzfristig waren die Marktreaktionen nicht bemerkbar. Mögliche Auswirkungen könnten sich erst mit zeitlicher Verzögerung zeigen, etwa in der Struktur der Treasury-Kurve oder im Wechselkurs des Dollars. Eine veränderte Wahrnehmung der Datengüte könnte zu Anpassungen bei Zinsen oder Risikoprämien führen, beispielsweise bei US-Staatsanleihen.
Die Entlassung hat auch Bedeutung für den Markt inflationsgeschützter Staatsanleihen (TIPS) mit einem Volumen von 2,1 Billionen Dollar, da deren Auszahlungen auf den offiziellen Verbraucherpreisdaten basieren. Das Bureau of Labor Statistics veröffentlicht neben den Arbeitsmarktzahlen auch die Inflationsdaten und die Bewertung der inflationsgeschützten Staatsanleihen (TIPS) hängt damit direkt von den Inflationsdaten der BLS ab. Steigt der Konsumentenpreisindex, steigt auch der nominale Wert der TIPS (Inflationsschutz). Wenn Investoren Zweifel an der Unabhängigkeit oder Genauigkeit des Konsumentenpreisindex hätten, würde das unmittelbar die Bewertungsgrundlage für TIPS betreffen.
Wird die Integrität unabhängiger Institutionen oder die Glaubwürdigkeit ihrer Daten in Frage gestellt, entstehen Lücken, die private Anbieter mit eigenen Erhebungsmethoden füllen – so wie in Märkten mit eingeschränkter Datenqualität. In China beispielsweise erstellt das Unternehmen „China Beige Book“ unabhängige Wirtschaftsdaten und vertreibt sie an Investoren und internationale Unternehmen.
Das Vertrauen der Investoren stützt sich auf die Verlässlichkeit in mehreren zentralen Kriterien. Veränderungen in der Wahrnehmung der Datenintegrität ist ein Baustein davon.
Risikohinweis
Die Security BLOGS stellen lediglich die persönliche Meinung des Verfassers im Erstellungszeitpunkt und daher nicht die Meinung des Medieninhabers dar. Eine Haftung für diese Aussagen kann vom Medieninhaber ausdrücklich nicht übernommen werden.
Weitere InformationenWeitere Artikel des Autoren
Sicherheit
faktenbasiert.