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02. September 2025
Die Hitze steigt – und die Börse merkt nichts!
Die aktuelle Lage an den Kapitalmärkten erinnert an das bekannte Bild der Frösche im langsam aufkochenden Wassertopf. Solange die Temperatur nur langsam steigt, bleibt die Gefahr unbemerkt – bis es schließlich zu spät ist. Ähnlich scheint es derzeit vielen Anlegern zu ergehen: Die Märkte präsentieren sich nach außen hin erstaunlich stabil, doch unter der Oberfläche brodelt es gewaltig. Die Kombination aus hohen und gar ansteigenden Kapitalmarktrenditen, geopolitischen Spannungen und einer zunehmend fragileren Konjunktur sorgt für eine Gemengelage, die leicht unterschätzt werden kann. Garniert wird dieser Cocktail mit einer zunehmend befremdlich anmutenden Administration in den USA. Ein Land, das wir bis vor wenigen Monaten noch als Demokratie der Demokratien kannten.
Während die Kapitalmärkte im August 2025 nur moderate Schwankungen zeigten, hat sich die Marktbreite auf der Seite der Aktien erneut spürbar verengt: Gewinne konzentrieren sich auf wenige Schwergewichte, während in vielen Segmenten bereits eine Abkühlung zu erkennen ist. Gleichzeitig signalisieren Anleihemärkte und Währungen, dass Investoren vermehrt Sicherheit suchen. Die Gefahr besteht darin, dass sich Anleger von der relativen Ruhe einlullen lassen und dabei die schleichende Verschlechterung fundamentaler Daten in den USA und die nur sehr schleppende Besserung in der EU übersehen.
So wie in der Metapher die Hitze nicht abrupt, sondern stetig steigt, spitzt sich auch die Marktsituation langsam zu. Ob es gelingt, rechtzeitig gegenzusteuern, oder ob die Anpassung in Form abrupter Korrekturen erfolgt, bleibt die entscheidende Frage für die kommenden Monate.
Anleihenmärkte
Die globalen Anleihenmärkte zeigten sich im August 2025 stabil, doch der Blick hinter die Schlagzeilen offenbart deutliche Unterschiede zwischen den Regionen – insbesondere was die Zentralbankpolitik betrifft. Im Rahmen des Meetings in Jackson-Hole zeigte sich Jerome Powell, der US-Notenbankpräsident, erstmals weniger restriktiv und öffnet damit die Tür zu einer möglichen Zinssenkung in den USA am 17. September. Der Druck auf Powell ist mittlerweile enorm. Die kommunizierte Entlassung eines Vorstandsmitgliedes der an sich unabhängigen US-FED durch D. Trump markierte die jüngste Eskalationsstufe. Kapitalmarktteilnehmer erwarten für den September die erste Zinssenkung in diesem Jahr, gefolgt von einer weiteren im 4. Quartal d. J. Dagegen scheint der Senkungszyklus in der Eurozone ziemlich am Ende angekommen zu sein mit dzt. knapp einem weiteren eingepreisten Zinsschritt bis zum Sommer 2026. Angesichts der fragilen Situation rund um den Globus können sich die Paramater bis dahin noch wesentlich ändern.
Spannend bleibt weiterhin die Situation in Japan. Während für den Geldmarkt weitere Zinserhöhungen erwartet werden, stieg im August auch das lange Ende der Zinskurve weiter an. Die Rendite 30-jähriger Staatsanleihen lag zwischenzeitlich über 3,2% p.a. und damit nur noch knapp unter dem Niveau deutscher Papiere mit ähnlicher Laufzeit. Die fiskalpolitischen Herausforderungen in der Kombination mit den Sonderbudgets sorgen auch in einigen europäischen Ländern dafür, dass Investierende höhere Risikoprämien einfordern. Frankreich etwa steht erneut im Kreuzfeuer und läuft einem Platzen (wiederholten) der Regierung entgegen. Die kommunizierten harten Einschnitte in den Bereichen Gesundheit, Renten und im öffentlichen Sektor sollen das angespannte Budgetdefizit (Defizit 2025: -5,8% des BIPs) entlasten. Parallel dazu plant man das Militärbudget aufzustocken und 2 Feiertage zu streichen. Mit der Vertrauensfrage wird der französische Premier wohl scheitern und die Bevölkerung bald wieder auf der Straße demonstrieren. Der Kapitalmarkt reagierte zuletzt hart. Renditen längerer französische Staatsanleihen sind den italienischen mittlerweile knapp ebenbürtig.
Schuldtitel bzw. Risikoaufschläge in den Segmenten der Unternehmensanleihen sowie der Schwellenländer verhielten sich im August unauffällig ruhig und handeln weiterhin auf sehr engen Niveaus. Mit attraktiven laufenden Erträgen zählen diese Segmente auch in diesem Jahr wieder zu den Top-Performern im festverzinslichen Veranlagungssegment.
Aktienmärkte
Auch die internationalen Aktienmärkte zeigten sich ungewöhnlich ruhig, insbesondere für die traditionell volatilere Spätsommerzeit. Die Monatsperformance (in EUR) der Indizes lag bei rd. +/- 1%. Im Mittel konnten die börsennotierten Unternehmen für das 2. Quartal recht gute Ergebnisse präsentieren. Trotz geopolitischer Krisen, Zollstreitigkeiten und Schuldenthemen, galt das primäre Interesse dem Börsenliebling dieser Zeit. In diesem Kontext läuft der Technologiewert NVIDIA allen anderen den Rang ab. Die Ergebnisse des KI-Stars waren auf breiter Ebene gut. Dass der Kurs trotzdem kaum zulegen konnte, widerspiegelt den enormen Optimismus, den Investierende dem mittlerweile am größten kapitalisierten börsennotierten Unternehmen (>4tsd Mrd. USD) im Vorfeld entgegengebracht haben.
Ebenso verkündeten die USA im abgelaufenen Monat die Ergebnisse der Zollverhandlungen. Die 15% Zollaufschlag für Exporte der EU in die USA muten im Vergleich zu dem unserer Schweizer Nachbarn noch richtig wohlwollend und niedrig an. Mit 39% Importzoll Schweizer-Exportgüter in die USA wird der Handel in einigen Industrien wohl zum Erliegen kommen. Trotz dieser Hiobsbotschaft konnten Schweizer Aktien im August zulegen.
Die in den letzten Jahren angeschwollenen Kursbewertungen einiger Aktiensegmente verstärken den Gegenwind für die nächsten Jahre und gehen dementsprechend einher mit gedämpfteren Ertragserwartungen. Dabei ist der Einfluss der wenigen sehr großen und teuren Werte enorm. US-Aktienindizes weisen mittlerweile Bewertungen am oberen Rand der historischen Bandbreite auf. Dies erhöht die Anfälligkeit für Preiskorrekturen der internationalen Leitmärkte.
Währungen – Edelmetalle
Der Glanz der Edelmetalle hielt auch im abgelaufenen Monat weiter an. Nachdem der Goldpreis auf über 3.450,- US-Dollar pro Unze angestiegen ist und damit auf einem Allzeit-Hoch schloss, verfestigt sich nun auch das Momentum beim Silberpreis immer mehr. Internationale Zentralbanken treten weiterhin als Käufer auf und die Vormachtstellung des US-Dollars als globale Leitwährung bekommt Risse ab. Insbesondere Schwellenländer meiden zunehmend die Konvertierung in den US-Dollar und wickeln ihre Geschäfte verstärkt in lokalen Währungen ab. Zu groß ist mittlerweile die Angst, dass durch Sanktionen Reserven eingefroren werden.
Ausblick
Abschließend möchte ich an die einleitende Metapher anschließen. Die Temperatur im Kessel steigt langsam und die Anleger bleiben trotz sich eintrübenden Rahmenbedingungen bei risikoreicheren Investmentkategorien recht gelassen. Zu leicht wird in Phasen wie diesen die trügerische Ruhe mit Stabilität verwechselt. Es sind die klassischen Mittel wie Diversifikation, Liquidität und Schuldnerqualität, die potenzielle Volatilitätsschübe abfedern können. Ob der Kessel langsam weiterkocht oder möglicherweise überkocht, steht in den Sternen. Wer vorbereitet ist, muss jedenfalls keine Hitze fürchten.
Fondsmanagement,
Alfred Kober
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