03. September 2024

Kapitalmarkt Kompakt

Umfeld

Nach einer sehr stabilen Phase zeigten sich die Kapitalmärkte Anfang August hochnervös. Als Auslöser für die zwischenzeitlichen Verwerfungen zeigte sich wieder einmal ein Faktor, den kaum jemand am Radar hatte. Ein riesiger Carry-Trade, die Kreditaufnahme in einer Niedrigzinswährung mit Veranlagung in Kategorien mit höherer Ertragserwartungen, ging für viele Spekulanten richtig schief. Margin Calls und (Zwangs-)Eindeckungen gepaart mit saisonal-bedingten niedrigen Liquiditätsniveaus an den Börsen sorgten für einen Knick an den Aktienbörsen, für niedrigere Renditeniveaus, für höhere Risikoaufschläge sowie für materielle Bewegungen einzelner Währungspaare.

Der sogenannte Flügelschlag des Schmetterlings hat wieder einmal einen Tornado ausgelöst. Inflationsängste weichen nun Rezessionsängste und einzelne Marktteilnehmer riefen im Zuge des enormen Volatilitätsausschlages panikartig nach Interventionen der Notenbanken, was angesichts der Tragweite als übertrieben erscheint.

Eine weitreichende Kontagion im Finanzsektor blieb aus und die Nervosität am Markt legte sich rasch. Was blieb, ist eine Re-Fokussierung der Investierenden von der Inflationsthematik auf die zunehmend sichtbare konjunkturelle Abschwächung der immer noch ordentlich wachsenden US-Konjunktur (2,8% im Q2 J/J). Insbesondere vor dem Hintergrund der gedämpften Dynamik in Europa und in China ist die Entwicklung in Nordamerika von wesentlicher Bedeutung für das Weltwirtschaftswachstum.

Zinsmarkt

Im Anschluss an dem „too low for too long“ müssen sich die Notenbanken zunehmend den Vorwurf von „too high for too long“ gefallen lassen. Nach dem Einleiten der Zinswende im Euroraum (Juni), lässt die unmissverständliche Rhetorik der US-Notenbanker darauf schließen, dass auch die USA erstmals seit 4 Jahren die Geldmarktzinsen senken wird. Zumindest 25 Basispunkte stehen für den 18. September d. J. im Raum. Ebenso absehbar ist eine weitere Senkung der EZB. Damit ist die Richtung der Kurzfristzinsen recht eindeutig und eine zunehmende Normalisierung der inversen Zinskurven zu erwarten.

Die Unruhe an den Kapitalmärkten zum Monatswechsel Juli/August haben sich weitreichend in sinkenden Basisrenditen ausgedrückt. Insbesondere die USD-Zinskurve ist im vorderen/mittleren Laufzeitenbereich besonders stark gesunken. Die Form der Renditekurven normalisiert sich zusehends und weist vielerorts ab dem mittleren Laufzeitenbereich wieder eine positive Steilheit auf. Auch haben sich die zuletzt äußerst niedrigen Risikoaufschläge wieder erhöht und sich an die historischen Mittelwerte angenähert. Wir begrüßen die Kombination aus steileren Zins- und Spread-Kurven, da wir im Rahmen unserer Veranlagungsstrategie insbesondere aus diesen Marktgrößen systematisch Mehrwert schöpfen.

Aktienmarkt

Aktienseitig währte das Beben zum Monatsbeginn nur kurze Zeit. Die Auswirkungen aufgrund der Schieflage im „Yen-Carry-Trade“ scheinen vorerst einigermaßen eingrenzbar zu sein, die Reporting-Saison der Unternehmen für das 2. Quartal verlief gut und auch die Statements zur anstehenden Zinswende in den USA beruhigten die aufgeschaukelten Gemüter. Die Kurse an den internationalen Aktienbörsen notieren nun wieder nahe den Höchstständen vom Juli d. J. und auch die zwischenzeitlich stark angestiegenen Volatilitäten an den Derivatmärkten sind auf Normalniveaus gesunken. Diese Entwicklung stimmt zuversichtlich.

Die Periode von Mai bis Oktober zählt aus saisonaler Sicht zur schwächeren Phase des Jahres und die Monate September und Oktober zu den schlechteren innerhalb dieser Zeit. Angesichts dessen erscheint ein gewisser Grad an Vorsicht angebracht. Wenn auch die Aussagekraft angesichts der hohen Streuung der Ergebnisse und der geringen Anzahl an Beobachtungen begrenzt erscheint, ist der Blick in die Historie allemal interessant.

Rohstoffe & Währungen

Die Gemengelage aus geopolitischen Krisenherden, deren immerwährende Gefahr der Eskalation, das Thema rund um den Yen-Carry-Trade sowie stärkere Veränderungen von Zinsdifferenzen hat verständlicherweise auch die Währungsmärkte nicht außen vorgelassen. Insbesondere der japanische Yen verzeichnete in der Zeit von Mitte Juli bis Anfang August eine Aufwertung von über 10% gegenüber dem Euro. Aufgrund des Ausblicks materieller Zinssenkungen im US-Dollar und einer impliziten geringeren Zinsdifferenz hat auch der Euro an Stärke gewonnen und handelt wieder über der 1,10 Marke (USD/EUR). Parallel dazu steigt die Nachfrage nach Edelmetallen und treibt den Goldkurs auf Allzeit-Hochs. Käufer aus den BRICS-Ländern spielen dabei eine immer zentralere Rolle. Nicht übersehbare Korrekturen des Kupferpreises von rd. 20% in nur 3 Monaten bestätigen die geringere konjunkturelle Nachfrage.

Ausblick

Der Hochsommer endet und die Marktteilnehmer kehren an ihre Schreibtische zurück. Damit wird sich die Liquidität an den Märkten und auch die Emissionstätigkeit wieder deutlich erhöhen. Bevor stehen Wochen, die an den Aktienmärkten traditionell von höherer Volatilität geprägt sind. Spannend bleibt, wie sehr die konjunkturelle Seite überrascht – in beide Richtungen. Dies wird auch unmittelbar die Dynamik des bevorstehenden Zinssenkungszyklus mit beeinflussen. Die Zinskurvenform der internationalen Währungen normalisiert sich zusehends und die angestiegenen Risikoaufschläge wirken positiv auf die Aussichten künftiger Erträge. Wir treten nun in die heiße Phase der US-Präsidentschaftswahl ein. Ausgeprägte unerwartete Änderungen der US-Geldpolitik sind vor dem November nicht zu erwarten.

Alfred Kober
Vorstand, CIO, Leitung Aktienfondsmanagement
Alfred Kober

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