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06. Oktober 2023
Kontrollillusion – Sehnsucht nach Kontrolle über das eigentlich Unkontrollierbare
Wer von uns möchte denn nicht alle Unwägbarkeiten des Lebens im Griff haben und für zukünftige Ereignisse stets gewappnet sein? Immer alles richtig prognostizieren und dementsprechend rechtzeitig reagieren zu können, wäre wahrscheinlich der Traum eines jeden von uns, oder?
Gerade an den Kapitalmärkten unterliegen viele Anleger (aber auch Finanzmarktprofis) der Illusion, zukünftige Entwicklungen vorhersehen zu können und sich im Vorfeld bereits entsprechend zu positionieren. Doch aufgrund der enormen Komplexität, Vernetztheit und Dynamik an den Finanzmärkten, sind richtige Prognosen dauerhaft nur schwer bis gar nicht zu treffen. Immer wieder haben wir es mit unvorhersehbaren Entwicklungen zu tun, die ihre Ursache in einer Vielzahl an Variablen haben können (politische Entscheidungen, Pandemien, kriegerische Konflikte etc.). Ein bekanntes und passendes Zitat von Mark Twain (kann aber auch anderen Personen zugeordnet werden) lautet:
„Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.“
Und die Zahlen und Fakten geben dieser These eindeutig recht. So waren/sind zum Beispiel die Mehrheit aller aktiv gemanagten Fonds nicht in der Lage, den Markt zu schlagen. Der Großteil der Fonds liegt dementsprechend hinter der Marktentwicklung zurück. Wie Abbildung 1 zu entnehmen ist, konnten lediglich 2 % aller global ausgerichteten Aktienfonds im Euroraum ihre Benchmark über einen Zeitraum von 10 Jahren schlagen (98 % der untersuchten Fonds waren schlechter). Selbst über einen kurzen Zeitraum von 3 Jahren waren es nur 9 % der Fonds, die hier bessere Ergebnisse erzielen konnten. Ebenfalls interessant: Knapp jeder zweite Fonds erlebt seinen 10. Geburtstag nicht, da er vorher verschmolzen oder geschlossen wird. Sie dürfen selbst erraten, ob dies die Top- oder Flop-Fonds sind.
Wenn es scheinbar schon die aktiven Fondsmanager nicht nachhaltig schaffen, die Entwicklung an den Märkten zuverlässig vorherzusagen, vielleicht können es die Analysten der großen internationalen Investmentbanken? (Spoiler vorab: Die Antwort wird Sie wahrscheinlich enttäuschen). Zur Beantwortung dieser Frage möchte ich auf eine Studie verweisen, die sich über einen Zeitraum von 35 Jahren erstreckt. Dabei hat sich herausgestellt, dass US-Aktien, die von Analysten als Gewinner angesehen wurden, im Durchschnitt viel schlechter abgeschnitten haben als Aktien, für die ein Flop prognostiziert wurde. Von 1981 bis 2016 stellten die Forscher fest, dass die besten 10 Prozent der Aktien (HLTG), auf die die Analysten am meisten Hoffnungen setzten, im Allgemeinen eine schlechtere Performance aufwiesen (im Schnitt 3 % p.a.) als die 10 Prozent der Aktien, die sie am pessimistischsten sahen (LLTG, im Schnitt 15 % p.a.).
Dies ist auch nicht die einzige Art von Studie, die eine klare Lücke zwischen den erklärten Aktienerwartungen der Analysten und der tatsächlichen Realität findet. Darüber hinaus sind sich Analysten oftmals auch untereinander nicht einig darin, was der faire Wert einer Aktie sein sollte. Daher habe ich mir abschließend die aktuellen Analystenmeinungen zu einer Aktie angesehen, die immer wieder für Schlagzeilen sorgt. Konkret handelt es sich um den amerikanischen E-Autohersteller Tesla. Laut aktuellen Daten vom Oktober 2023 stufen 23 Analysten die Aktie zum Kauf ein, 20 Analysten setzen die Aktie auf Halten und 9 Analysten geben eine Verkaufsempfehlung. Sieht man sich die Kursziele ausgewählter Häuser für Tesla an, treten große Diskrepanzen der einzelnen Meinungen zum Vorschein. Die Spanne der Kursziele reicht dabei von 24 USD bis 400 USD pro Aktie. Eindeutige Signale und Orientierungshilfen für Investoren sehen anders aus.
Zum Ende hin möchte ich festhalten, dass Prognosen und Erwartungen durchaus ihre Berechtigung haben, diese aber immer ungenauer werden, umso länger der Blick in die Zukunft gerichtet ist. Eine Garantie für zukünftige Ereignisse gibt es eben nicht und wir alle müssen Wohl oder Übel damit leben bzw. dies so akzeptieren. Wir als Security KAG verbringen daher keine Zeit und Energie damit, Prognosen über zukünftige Marktentwicklungen zu erstellen, sondern treffen unsere Entscheidungen basierend auf bestehende Fakten und vorherrschenden Marktgegebenheiten. Basierend darauf wollen wir mittels finanzmathematischer Methoden ein möglichst vorteilhaftes Chancen-Risikoverhältnis für unsere Portfolios erzielen und Opportunitäten am Markt ausnutzen.
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