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10. Februar 2023
Wir leben nicht, um zu essen, wir essen, um zu leben.
Vieles in unserem täglichen Leben betrachten wir durch unser Verhalten als selbstverständlich. Jedoch wenn man hinter die Kulissen blickt, eröffnet sich meist eine Welt, die ökonomisch ausoptimiert und mit wenig Spielraum für Sondereffekte belegt ist. Meist braucht es einen externen Einflussfaktor, um genau diese Missstände erkennen zu können.
Die Pandemie zeigte der Welt, mit welchen Belastungen das Gesundheitssystem durch einen sich global ausbreitenden Virus konfrontiert wurde bzw. nach wie vor mit den Folgeerscheinungen zu kämpfen hat. Globale Lieferketten werden durch einen festsitzenden Frachter für Monate aus dem Gleichgewicht geworfen und die internationale Energiewirtschaft wird aufgrund von politischen Unfähigkeiten an den Rand des Machbaren gebracht. Beim wöchentlichen Einkauf im Supermarkt sind abgesehen von den steigenden Preisen für Waren und Lebensmittel, die Regale weiterhin randvoll gefüllt. Ein weiteres Nadelöhr in unserem täglichen Tun wird meiner Meinung nach sein, dass Thema rund um die Ernährung der Menschheit und die zukünftige Produktion von unseren Nahrungsmitteln. Unsere „westliche“ Gesellschaft ist so konditioniert, dass der Bezug zur Nahrungsmittelherstellung fast gänzlich verloren gegangen ist. Alle Produkte sind ohne großen Aufwand konsumierbar, egal ob es die Litschi aus Asien, die Kiwi aus Neuseeland oder ein Rind aus Argentinien ist.
Der globale Agrarsektor, beginnend von der Herstellung bei landwirtschaftlichen Produkten, über die Herstellung von Agrar-Dünger & Chemikalien, bis hin zur Verpackung und Distribution der Güter teilt sich auf 111 börsennotierte Unternehmen auf. Mit Ende des letzten Jahres bezifferte sich die Marktkapitalisierung auf rund 1,7 Billionen EUR. Um die Zahl besser greifbar zu machen, lohnt sich ein Blick auf die gesamte Marktkapitalisierung des ATX per Ende 2022. Demnach beläuft sich die Börsengewichtung auf lediglich 94 Mrd. EUR oder rund 5,5 % zum globalen Agrarsektor. Das größte Stück vom Kuchen lässt sich ein Schweizer Unternehmen schmecken. Mit über 293 Mrd. EUR Marktanteil liegt Nestle SA auf Platz 1. Gefolgt von Mondelez International Inc., jedoch mit einer Kluft von über der 2-fachen Marktkapitalisierung des ATX. Der US-Nahrungsmittelhersteller weist einen Anteil von rund 76 Mrd. EUR auf. Die Plätze 3 bis 5 gehen an Kraft Heinz Co. (39), Danone SA (38) und Sysco Corp. (35). Über Diversifikation und Diversität lässt sich meines Erachtens hier streiten. Viel dramatischer ist die Betrachtung der Vielfalt der weltweit angebauten Kalorienlieferanten. Laut Wissenschaftler aus dem Royal Botanic Gardens in London sind von 7.000 essbaren Pflanzen lediglich 417 für unsere Nahrungsmittelerzeugung verantwortlich. Dies spitzt sich in dem Umstand zu, dass sich die Weltbevölkerung nur auf 15 Pflanzen verlässt, welche für 90 % des gesamten energy intake verantwortlich sind!
Die Zubereitung von Nahrungsmitteln und die Verwendung von verschiedenen Zutaten ist sehr stark kulturell beeinflusst. Aufgrund der Bodenkultivierung und technischen Entwicklung der letzten Jahrhunderte konnte das Ernährungsspektrum massiv ausgeweitet werden und der Zugang zu Lebensmittel wurde durch die Globalisierung für die Bevölkerung vereinfacht – speziell für entwickelte Länder. Jedoch sollte man sich vor Augen halten, dass für die Hälfte der Weltbevölkerung, die Pflanzen Soja, Reis, Weizen und Mais zu den Grundnahrungsmitteln zählen. Genau hier schlagen die Wissenschaftler des Royal Botanic Gardens Alarm. Unser Lebensstil, unzureichende Diversität, Quantität- vor Qualität Produktionsansatzes und dem aufziehenden Klimawandels haben Lebensmittel des täglichen Bedarfs auch für uns eine schwierige Zukunft vor sich. Die Forscher zeichneten ein Bild wie unsere Ernährung im Jahr 2050 aussehen könnte. Einige Essensgewohnheiten werden wir wohl ablegen müssen. Jedoch der Blick auf die zukünftige Speisekarte lässt spannende Alternativen für uns Konsumenten erwarten. Laut der Ansicht der Wissenschaftler des Royal Botanic Gardens in London könnten diese neuen Energiequellen der Erderwärmung trotzen und die Weltbevölkerung mit qualitativer Energie versorgen.
Für mich, als ausgesprochener Müsli-Fan, würden die Wissenschaftler „Fonio“ empfehlen. Eine Grasart, die in Westafrika heimisch ist, mit trockenen Bedingungen sehr gut umgehen kann und für die Herstellung von Brei, Couscous und Getränken verwendet wird. Ebenso steht die „falsche Banane“ ganz weit oben im Ranking. Die Nutzpflanze ist eine nahe Verwandte der Banane und wird häufig in Äthiopien angebaut. Aufgrund ihrer vielseitigen Einsetzbarkeit und des ergiebigen Ertrages – einmal gepflanzt wächst die Pflanze bis zu 12 Jahre – sehen die Autoren der Studie das Potential einer langfristigen nachhaltigen Lebensmittelproduktion in dieser Pflanze. Neben Bohnen und Seegras, diversen Blättern von kleinstämmigen Bäumen wird es wahrscheinlich „Akkoub“, eine distelähnliche Pflanze aus dem Mittelmeerraum und Nahen Osten auf unsere Speisekarten schaffen.
Die Nahrungsmittelaufnahme ist für die Menschheit existentiell und unumgänglich. Aufgrund der Taktung des täglichen Lebens ist uns der Anbau und die Vorbereitung von Lebensmitteln zulasten der Diversität und zugunsten hochverarbeiteter Produkte abgenommen worden. Es bleibt zu hoffen, dass der Menschheit, der Bezug zur Lebensmittelherstellung wieder bewusster wird und qualitativ hochwertige Energiequellen viel mehr Einzug auf unsere Teller finden.
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