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06. August 2025
Zahlen – Zweifel – Zinssorgen: Der Juli im Takt widersprüchlicher Impulse?
Während der amtierende US-Präsident die verbale Zollkeule munter weiter schwingt und in rasantem Tempo eine Nachricht der nächsten folgt, scheint sich das Thema unter den Marktteilnehmern langsam aber doch abzunutzen. Dies ist insofern besorgniserregend, da langfristige Auswirkungen substanzieller Natur sind und die sehr sprunghafte Dynamik der Verhandlungsergebnisse eine seriöse Einschätzung dieser unmöglich erscheinen lässt. Also alles beim Alten mag man meinen. Dies trifft dann auch auf den unlängst vereinbarten „Deal“ über 15% Exportzölle mit der EU zu, der sich bereits wenige Tage nach dem persönlichen Treffen von Fr. Von der Leyen und Hrn. Trump als so noch nicht final unterzeichenbar erwiesen hat.
Im Hintergrund dieses medial sehr dominierenden Zoll-Newsflows gibt es noch so etwas wie eine Realwirtschaft und die erweist sich im Falle der USA mit einem Realwachstum von 3% für das Q2 als überraschend robust. Im Lichte eines noch robusten Arbeitsmarktes, eines schwächeren US-Dollars und potenziellen Zollaufschläge steigen die Inflationserwartungen leicht an. Die US-Notenbank wartet indes mit Zinssenkungen weiter zu – diese sind seit der Dezembersitzung 2024 auf einem unverändert hohen Niveau (4,25/4,50%) – und treibt damit den US-Präsidenten mittlerweile auf die Barrikaden. Während sich der Notenbankpräsident Powell bisweilen hartnäckig gegen die zunehmende Entwicklung in Richtung Fiscal Dominance stellen konnte, knickten bereits 2 der Gouverneure ein und stellten sich gegen den Juli-Zinsentscheid. Zudem legte just in diesem Moment FED-Boardmember Adriana Kugler ihr Mandat zurück. Es knirscht also mächtig im Gebälk. Dass die Route in Richtung Zinsentscheid nach dem Sommer führt, wird unter anderem nun auch von den vorlaufenden Wirtschaftsindikatoren und eines sich langsam, aber doch, eintrübenden Arbeitsmarktes untermauert.
Für Europa werden die Auswirkungen der vorerst vereinbarten 15% Exportzölle mit potenziellen Wachstumseinbußen von 0,5% p.a. beziffert. Damit sinkt zwar der inflationäre Druck, allerdings wäre auch das zarte Pflänzchen der konjunkturellen Erholung zertreten und einige Länder der Union, wie auch Deutschland und Österreich, wären mit dem 3. Jahr in Folge mit einem Negativ-/Nullwachstums konfrontiert – ein Novum seit dem 2. Weltkrieg. Angesichts der bereits sehr hohen Abgabenquoten, steigende Verschuldungsgrade und weit gestreckte Budgetdefizite ist der Handlungsspielraum begrenzt. Garniert wird diese unliebsame Gemengelage mit überbordenden Regularien – unter denen mittlerweile die gesamte Volkswirtschaft stöhnt – während sich andere Nationen längst wieder in die Gegenrichtung entwickeln.
Kapitalmarktteilnehmer genießen den Vorteil ihr Kapital international investieren und damit arbeiten lassen zu können. Angesichts dessen sind die Erwartungen für das heurige Weltwirtschaftswachstum von knapp 3% gute Neuigkeiten, auch wenn dieses in dieser Höhe definitiv nicht auf unserem Kontinent stattfinden wird.
Anleihenmärkte
Sowohl die US-FED, die Bank of England als auch die EZB rüttelten in der letzten Sitzung nicht an ihren Zinssätzen. Während für die beiden erstgenannten eine Fortführung des Senkungspfades im Q3 d.J. erwartet wird, gehen Marktteilnehmer für den Euroraum gegenwärtig von max. eine weitere Senkung in den nächsten 12 Monaten (c.p.) aus. Erwähnenswert sind an dieser Stelle auch Zinserhöhungen der Bank of Japan, die mit ihren zwei Erhöhungen von -0,1% auf 0,25% bis zum Sommer des Vorjahres mächtige Turbulenzen an den Kapitalmärkten ausgelöst hat. Mittlerweile liegt der Satz auf 0,5% p.a. und soll in den kommenden Monaten weiter ansteigen. Während damit das kürzere Ende für unsere Verhältnisse nur marginal angestiegen ist, hat die Steilheit der JPY-Zinskurve massiv zugenommen. Mit rd. 3,2% p.a. erreichte das Zinsniveau der 30-jährigen Staatspapiere einen Höchstwert in diesem Jahrtausend. Parallel dazu verfällt der Wert der japanischen Währung, ja – sogar gegen den Euro und den US-Dollar.
Auch die Renditen nationaler/internationaler Staatsanleihen verzeichneten im Juli leichte Anstiege und damit Kurswertverluste. Der anhaltende Risikoappetit der Investierenden zeigte sich in weiter sinkenden Risikoaufschlägen, die am schwankungsintensiveren Ende, wie bspw. im Segment der High-Yield-Anleihen, nahe an die tiefen Niveaus des Q1 d. J. gesunken sind. In den vergangenen Monaten manifestierte sich dies in einer Kursrenaissance von Anleihenprodukten (Unternehmensanleihen, Emerging-Markets etc.) abseits der erstklassigen Bonitäten.
Aktienmärkte
Von der Suche nach Rendite und Risiko profitierten auch die internationalen Aktienmärkte. Erneut befeuert durch das KI-Thema, konnten insbesondere die bekannten IT-Größen weiter an Wert hinzugewinnen. Die Summen dabei sind enorm – sowohl was die Entwicklung der Geschäftsmodelle aber auch die Investitionen der Unternehmen in die neuen Technologien betrifft. Der Facebook-(& WhatsApp-) Mutterkonzern Meta wird sein Investitionsbudget in KI-Technologien für 2026 von bereits gigantischen 80 auf 100 Mrd. USD erhöhen. Dass dabei bereits Jahresgehälter im 3-stelligen Millionenbereich bezahlt werden, sorgt nicht nur für Erstaunen, sondern zeigt wie aggressiv in diese neuen Technologien investiert wird und wie sehr sich die Führerschaft zuspitzt. Ob die finale Monetarisierung dieser gigantischen Investitionen gelingt, bleibt spannend. Jedenfalls lassen die späten 1990-iger Jahre zur Zeit des Tech-Booms grüßen – der Bogen der hochgejubelten IT-Aktien erscheint bereits sehr angespannt, die Kurse profitieren vom grassierenden Investitionsfieber.
Europa reagiert in diesem dynamischen Umfeld präventiv mit einer umfassenden KI-Gesetzgebung, um „Gefahren und Herausforderungen“ (Europäisches Parlament) vorsorglich zu adressieren. In diesem Kontext wäre auch die Absichtserklärung der EU-Initiative „InvestAI“, mit der 200 Mrd. EUR mobilisiert werden sollen. Wenngleich auch diese Summe eine sehr hohe ist, bleibt sie im globalen Kontext überschaubar klein. Zudem handelt es sich dabei um eine Absichtserklärung, die final von Privatunternehmen zu entscheiden ist und weniger vom politischen Gutdünken abhängt. Damit ist in Stein gemeißelt, dass Europa primär Anwender und nicht wertschöpfender Mitgestalter der KI-Entwicklung sein wird.
Währungen – Edelmetalle
Nach dem ausgeprägten Verfall der US-Währung hat diese zuletzt mit einer leichten Gegenbewegung reagiert. Wenngleich von keinerlei Trendumkehr zu sprechen ist, profitieren nicht gesicherte Portfolios-/Portfoliosegmente von der zwischenzeitlichen USD-Stärke. Weiterhin spannend bleibt die erwähnte Schwäche des japanischen Yen im Kontext der mittlerweile beträchtlich angestiegenen Zinsen/Renditen. Lässt ein baldiger Japanurlaub grüßen?
Angesichts der prekären Schuldensituation einiger Länder verengen sich Spielräume und potenzielle Kippunkte rücken näher. Dass dies auch Länder wie die USA betrifft, ist der Stabilität des Finanzsystems nicht sonderlich zuträglich. Als Profiteur in diesem Kontext erwiesen sich bisweilen unter anderem Edelmetalle. Wenn auch der Preis dieser in den letzten Monaten auf der Stelle trat, ist das nährende Narrativ weiterhin aufrecht. Mit Preisen von rd. 3.300 USD für die Gold- und rd. 37 USD für die Silberunze, sind die Hochs der letzten Monate in Griffweite. Etwas anders stellt sich die Situation im Segment der Industriemetalle dar, die sich mittlerweile zu den Opfern der Zollstreitigkeiten zählen und im Kurs entsprechend erratisch reagieren.
Ausblick
Dass Marktteilnehmer im Juli eher am Strand als am Schreibtisch sitzen, kommt an den niedrigeren Handelsvolumina zum Ausdruck. Dies gilt allerdings nicht für Kursvolatilitäten. Sowohl der August als auch der September zählen traditionell zu den schwächeren Monaten an den globalen Aktienbörsen. Ende Juli/Anfang August erfolgt zudem die Bekanntgabe der Geschäftsergebnisse für das Q2 – die Kursausschläge in dieser Zeit sind in beide Richtungen deutlich höher.
Das Sentiment an den Aktienbörsen hat seitdem Liberation Day Anfang April bis zum Juli hinein eine völlige Kehrtwende eingelegt und ist von einem stark ausgeprägten Pessimismus mittlerweile auf euphorische Niveaus angestiegen. Auch nährt der ständige Newsflow zum KI-Thema die Kursrallye immer weiter. Diese droht heiß zu laufen – eine Abkühlung ist überfällig und soll niemanden verwundern.
Dazu erhöht der US-Präsident den Druck im Rahmen der Zollthematik – der Ausgang bleibt ungewiss. Einen Vorgeschmack zu potenziellen Auswirkungen durften wir im April dieses Jahres erfahren, eine schreckliche Zeit für Kapitalmarktteilnehmer.
Im relativen Kontext sehen wir in Anleihen gegenüber einzelnen Aktiensegmenten weiterhin eine attraktive Alternative. Im Bereich der Aktien weitet sich der Bewertungsabstand gut performender Segmente zu den Laggards immer weiter aus. Auch erscheint der Blick auf Emerging Markets zunehmend interessant. Risikoadjustiert bleiben in den festverzinslichen Segmenten Schuldtitel in den besseren Bonitätenbereichen sowie GEMs in Hartwährung unsere Favoriten.
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