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18. August 2023
High Yield Bonds und der Blick in die Zukunft
Mittlerweile befindet sich das Jahr 2023 auch im Schlussviertel und brachte doch bereits einige Überraschungen mit sich. Während die von vielen befürchtete große Korrektur an den Aktienmärkten ausgeblieben ist und fast alle relevanten Indizes einen zweistelligen Wertzuwachs zu verzeichnen haben, so tat sich heuer auch einiges an den Rentenmärkten.
Während auch hier viele Marktteilnehmer mit den ersten Zinssenkungen in diesem Jahr gerechnet haben, so wurden diese Prognosen nach den ersten Notenbanksitzungen rasch auf das nächste Jahr revidiert. Aufgrund des gestiegenen Zinsumfeldes notieren die relevanten Zinssätze auf einen 10-Jahres Hoch. Unbeeindruckt davon zeigen sich die Risikoprämien (= Credit Spreads) für Unternehmen, die die Einschätzung des Markts hinsichtlich der Bonitätsstärke und des Ausfallsrisikos der jeweiligen Emittenten, widerspiegeln. Diese trotzen den derzeitig hohen Refinanzierungskosten und den schwierigen globalen Marktumfeld und attestieren der europäischen und amerikanischen Wirtschaft einen guten Zustand. Doch die vielversprechende Jahres-Performance der einzelnen Assetklassen, lassen auch bei vielen Investoren Skepsis aufkommen. Täuscht der aktuelle Wertzuwachs über fundamentale Schwächen hinweg oder gelingt tatsächlich das Soft-Landing mit nur vereinzelten Kollateralschäden?
Ein Blick auf die langfristige Veränderung der Credit Spreads von Euro- und US- Investment Grade (BBB) Unternehmensanleihen zeigt, dass diese derzeit keine Auffälligkeiten bzw. eine drohende harte Rezession anzeigen würden. Tatsächlich befinden sich diese unter den langfristigen Mittelwert und suggerieren demnach im soliden Unternehmensanleihen Bereich keine gröberen Bedenken des Marktes hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit der dahinterstehenden Firmen.
Auch die Darstellung der Risikoprämien von High-Yield Unternehmen zeigt ein optimistisches Bild. Diese befinden sich ebenso deutlich unter den langjährigen Schnitt der Credit Spreads. High-Yield Bonds zählen mit der Spread-Einengung seit Jahresbeginn zu den Bonds mit dem größten Wertzuwachs am Rentenmarkt seit Jahresbeginn.
In den Risikoprämien verarbeitet der Markt alle verfügbaren Informationen, die zur Bewertung der Ausfallswahrscheinlichkeit und somit zur Einschätzung des Risikos der einzelnen Schuldner relevant sind und sein könnten. Es fließen bei der Bewertung sowohl makroökonomische als auch unternehmensspezifische (wie Marktstellung, Innovationskraft, Transitionsrisiken) Faktoren ein, sowohl historische Werte als auch die Erwartung zur zukünftigen Entwicklung spielen dabei eine sehr wichtige Rolle.
Obige Grafik veranschaulicht die Präzision und Schätzungsgüte des Marktes bzw. der dahinterliegenden Credit-Spreads. Passt man die Schätzungen für die nächsten 12 Monate (hellblaue Linie) auf die tatsächlich eingetretenen Zahlungsausfälle der letzten 12 Monate (dunkelblaue Linie) auf den Time-Lag an, so zeichnet sich eine sehr hohe Treffergenauigkeit ab. Natürlich kann die Einschätzung auf Einzelfall-Ebene weit von der Realität entfernt sein, auf aggregierter Ebene konnten Ausfallswahrscheinlichkeiten in der Historie jedoch vom Markt gut abgeschätzt werden.
Die aktuell vom Markt erwarteten bzw. eingepreisten Ausfallswahrscheinlichkeiten für High-Yield Bonds betragen derzeit, je nach Marktanbieter und Sichtweise, zwischen 4-5 % für das globale Universum. High-Yield Unternehmen weisen aufgrund ihrer Charakteristika wie beispielsweise hohe Verschuldungsquoten, geringe Bargeldreserven und/oder ein angezähltes Geschäftsmodell zur Assetklasse, die tendenziell die höchste Ausfallsquote der Bonds am Kapitalmarkt aufweisen. Die Ausfallsquote dieser Anleihen dient somit auch als Frühindikator für den zu erwartenden Konjunkturzyklus, da in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld, zuerst High-Yield Unternehmen ihre Schulden nicht mehr bedienen können und somit in eine Insolvenz oder Restrukturierung geraten und somit als Vorbote einer drohenden Wirtschaftskrise fungieren.
Allerdings weist der nächste Chart auf eine mögliche Relativierung der Gesundheit des allgemeinen High-Yield Marktes hin.
Wie auf oben dargestellter Grafik ersichtlich ist, sind Neuemissionen von Anleihen am Kapitalmarkt von High-Yield Unternehmen heuer de facto nicht vorhanden. Und das Obwohl der Markt für Neuemissionen für Investment-Grade Emittenten nur knapp unter den Rekord-Jahren von 2021 und 2022 liegt. Zieht man von den Neuemissionen auf der High-Yield Seite noch die Fälligkeiten bestehender Anleihen ab, so ergibt sich im Jahre 2023 sogar ein negatives Bond Angebot von fast 35 Mrd. €. Diese negative Entwicklung führt dazu, dass Investoren und Assetmanager den vorhandenen Cash in bestehende Emittenten und Anleihen investieren müssen und somit Gefahr laufen die Risikoprämien künstlich niedrig zu halten und nicht adequat für das tatsächlich eingegangene Risiko entlohnt zu werden.
Ein Grund für das gesunkene Volumen an neuen High-Yield Bond Transaktionen stellt sicher die Niedrigzinspolitik und die günstigen Refinanzierungskosten in den letzten Jahren dar. Schuldner haben das attraktive Niveau genutzt und sich günstig für einen längeren Zeitraum Fremdkapital beschafft, teilweise auch mehr als eigentlich benötigt worden ist. Aktuell sind in den nächsten 2 Jahren nur 6,7 % aller ausstehenden High Yield Emissionen fällig. Somit haben die aktuell hohen Refinanzierungskosten für High-Yield Unternehmen nicht unmittelbar die großen Auswirkungen wie man auf den ersten Blick vermuten würde. Nichtsdestotrotz stellt das gestiegene Zinsniveau für viele High-Yield Unternehmen eine Herausforderung dar, vor allem für solche die über eine hohe Leverage und Ratio EBITDA zu Schulden verfügen. Deshalb ist für viele Unternehmen eine Finanzierung über den Kapitalmarkt aufgrund der hohen Kosten derzeit keine Option.
Aufgrund dessen ist die aktuelle Bewertung des High-Yield Markts eine sehr differenzierte. Mit einer effektiven Verzinsung von über 7 % von Euro High-Yield Anleihen und einer resultierenden Ertragserwartung (Berücksichtigung aller Komponenten wie Ausfallswahrscheinlichkeit, Transaktionskosten, Roll-Down-Effekte) von über 6 %, weist ein breit diversifiziertes High-Yield Portfolio aktuell eine attraktives Ertragspotential auf. Natürlich ist ein Investment in High-Yield Anleihen immer mit einem gewissen Ausfallsrisiko verbunden, allerdings ist im aktuellen Marktumfeld eine höhere Risikoprämie bereits in den Bonds eingepreist. Auch Rating-Agenturen haben auf das geänderte wirtschaftliche Umfeld reagiert und seit Sommer 2022 ist ein spürbarer Anstieg von Rating Downgrades zu verzeichnen. Die aktuelle Downgrade-Ratio betrug im 2. Quartal 2023 rund 55 % (Q1 2023: 64 %), befindet sich allerdings im 5-Jahres-Schnitt. Auch diese beiden Kennzahlen weisen auf keine unmittelbar bevorstehende größere Wirtschaftskrise hin.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Kapitalmarkt hinsichtlich der weiteren konjunkturellen Entwicklung bereits ein raueres Umfeld eingepreist hat, allerdings nicht vom schlimmsten Fall und einer daraus resultierenden gröberen Krise ausgeht. Die Anzahl der Defaults im High-Yield Bereich dürfte in den kommenden Monaten ansteigen, allerdings sollten die gestiegenen Risikoprämien ausreichen um auf breiter Ebene adequat für das eingegangene Risiko entlohnt zu werden. Aufgrund des volatilen Umfelds ist aktuell eine breite Diversifikation hinsichtlich der Schuldner von sehr hoher Bedeutung um das Risiko von einzelnen Zahlungsausfällen so gut wie möglich zu minimieren.
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