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23. Dezember 2024

Truthähne auf der Tanzfläche – was uns 2024 für das neue Jahr lehrt

Die letzten Wochen im Jahr neigen sich dem Ende zu und trotz der ganzen globalen Spannungen, Krisen und Verwerfungen, die 2024 mit sich gebracht hat, ist davon an den Finanzmärkten nichts zu spüren. Die globalen Aktienmärkte rangieren auf neuen Rekordniveaus, getrieben von einer beispiellosen Kursrallye der US-Technologie-Unternehmen, erreichten NASDAQ, S&P500 und MSCI World neue Höchststände. Europa konnte nicht die gleiche Dynamik aufweisen, kommt aber in den globalen Aktienindizes ohnehin nicht mehr über die Rolle einer Beimischung hinaus.

Doch diese Bewertungen und außerordentliche Kursentwicklungen bringen auch eine sich nicht zu leugnende Gefahr mit sich mit. Die Wertentwicklung der letzten Jahre lässt vielleicht viele (private) Investoren in falscher Sicherheit wiegen.

Ein Paradebeispiel für den Exzess an den Kapitalmärkten stellt wohl die Kursentwicklung von Bitcoin in den letzten Monaten dar. Befeuert durch den von Sieg von Trump bei den US-Wahlen und der voraussichtlich krypto-freundlichen Besetzung von wichtigen Kabinettsposten in der Regierung, wurde erstmals die 100.000$ Marke geknackt, mit steigender Tendenz. Ein Blick auf diese Zahlen lässt in mir den Vergleich zum Truthan-Paradox- aufkommen, welches Nassim Nicholas Taleb in einem seiner Bücher beschreibt. Ein Truthahn lebt auf einem Bauernhof und wird jeden Tag von Menschenhand gefüttert. Jeden Tag verstärkt sich seine Überzeugung, dass der Mensch nur sein Bestes will. Schließlich beginnt der Truthahn zu glauben, dass er in Sicherheit ist und dass die Fütterung ein beständiges Gesetz der Welt sei. Bis zum Tag der Schlachtung.

Generell scheint die Kursentwicklung von manchen Aktien komplett losgelöst von jeglicher konventioneller Bewertungsmethodik und getrieben von himmelhochjauchzenden Erwartungen und einem scheinbar endlosen Fluss an Kapital zu sein. Die Entwicklungen in den letzten Monaten haben zunehmend dazu geführt, dass der Ursprungsgedanke eines Indizes, eine möglichst breite und diversifizierte Darstellung eines Marktes, immer mehr ins Hintertreffen gerät. Mit jedem Kurssprung von NVIDIA oder den anderen großen Tech-Titeln, steigen die Konzentrationsrisiken diverser Indizes. Es scheint so, als ob die Vorzüge und Strahlkraft des stetigen Investierens über ETF´s, zu einer Neubewertung bzw. einer neuen Betrachtungsweise des Aktienmarktes führen könnte.

Im Windschatten der imposanten Performancezahlen von Aktien, vermochten auch klassische Zinsinvestments zu überzeugen. Allerdings verblasst deren überdurchschnittliche Wertentwicklung in den letzten Jahren schnell, wenn diese in Relation zum Aktienmarkt gesetzt werden. Durch die Zinswende im heurigen Jahr weist jedes herkömmliche Anleihen-Segment eine positive Performance auf. Allerdings ging diese zu Lasten der zu erwartenden Erträge in den nächsten Jahren. Zusätzlich führte die positive Stimmung an den Börsen zu einem deutlichen Rückgang der Risikoprämien von Unternehmensanleihen, was viele Investoren vor einem neuen Investment zögerlich werden lässt. Dennoch kann aufgrund der Rückkehr des Zinses wieder mit stetigen laufenden Erträgen in den nächsten Jahren gerechnet werden. Somit ist es wieder durchaus attraktiv, Anleihen im Portfolio beizumischen und damit die Volatilität und das Risikoprofil zu reduzieren.

Diese Rallye am heurigen Kapitalmarkt sorgt somit nicht nur für Freudensprünge unter den Investoren. Die auseinanderklaffenden Preis-/ Bewertungsunterschiede von Aktien(-märkten) bereiten vielen professionellen und privaten Anlegern bereits Sorgen. Jedoch ist nicht auszuschließen, dass im nächsten Jahr eine ähnliche Dynamik eintritt und die Marktkapitalisierung von US-Unternehmen in weitere neue Höhen schießt. Allerdings sind mit jedem Tag mehr Fantasie und Kreativität notwendig, um solche Bewertungen rechtfertigen zu können. Mich persönlich erinnert das aktuelle Geschehen an den Finanzmärkten an den legendären Sager von Chuck Prince (damaliger CEO der Citigroup) im Jahr 2007 auf die Frage zur Einschätzung des damaligen boomenden Immobilien- und Kreditmarktes:
„As long as the music is playing, you’ve got to get up and dance. We’re still dancing.“
Das nächste Jahr ist als Beginn einer beispiellosen globalen Finanzkrise in die Geschichte eingegangen, wo sich vermutlich genügend Akteure wie ein Truthahn am Tag der Schlachtung gefühlt und alles in Frage gestellt haben.

Angst ist bekanntermaßen nicht der beste Ratgeber, wenn es um langfristige Anlageentscheidungen geht, Naivität allerdings ebenso wenig. Umso wichtiger erscheint es jetzt, frühzeitig passende Maßnahmen zu treffen, um die substanziellen Gewinne der letzten Jahre zu sichern und mögliche Verlustrisiken so gering wie möglich zu halten. Je nach individueller Notwendigkeit kann dies mittels einem simplen Rebalancing des Portfolios, einer Asset-Allocation Anpassung bis hin zu angepassten Optionsstrategien geschehen.

Welchen Ton die Musik im nächsten Jahr spielt, ist natürlich noch offen. Um jedoch nicht auf den falschen Fuß erwischt zu werden, ist jeder gut beraten sich auf ein solches Szenario vorzubereiten, um nicht der letzte auf der Tanzfläche zu sein.

Stefan Donnerer
Anleihenfondsmanagement
Stefan Donnerer

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