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15. März 2024

Anleihen in der Blockchain

Vor gut einem Jahr, genauer am 31. Jänner 2023, gab die Europäische Investitions­bank (EIB) die Emission der ersten GBP Anleihe in einer privaten Blockchain bekannt. Veröffentlicht wurde eine gespiegelte Blockchain mit anonymisierten Daten; platziert wurden 50 Millionen Pfund Sterling. Die Emission erfolgte gemeinsam mit BNP Paribas, HSBC und RBC Capital Markets. Die Anleihen wurden in einem digitalen Wertpapier­register auf der HSBC Orion-Plattform eingetragen1).

Die Anleihe war nicht der erste Vorstoß der EIB in diese Richtung. Bereits zwei Jahre zuvor wurde eine EUR Emission in der Blockchain emittiert. Ein Durchbruch der Technologie in der praktischen Anwendung lässt aber nach wie vor auf sich warten. Hierfür scheinen sich klassische Einwände der Blockchain Technologie, wie etwa sehr hoher Energie­verbrauch, nicht anführen zu lassen. Doch bevor man das Haar in der Suppe sucht, sollte man die Vorteile vor den Vorhang holen.

Bei Innovationen spielen subjektive Gründe, wie „cool“ oder „genau meines“, eine wichtige Rolle. Ich würde diese derzeit sogar als wesentliche Treiber für die Entwicklung sehen: Wer zeigt sich nicht gerne als techno­logischer Vorreiter? Denn für handfestere und etwas objektivere Vorteile müssen wir schon etwas tiefer eintauchen.

Man erwartet sich Abwicklungen in Echtzeit und Kosten­effizienz, doch wird das am Ende für eine breite Markt­präsenz der Blockchain im Anleihen­markt reichen? Schließlich ist die Grund­idee der jetzigen Ver­arbeitung von Anleihen­positionen, nämlich eine elektronische Buchungs­zeile in eine Tabelle zu schreiben, weit weg von Ineffizienz. Das Problem spiegelt sich schon in der Headline „EIB begibt erste digitale Anleihe in Pfund Sterling“ des oben genannten Artikels wider. Das Gegenteil von digitalen Anleihen wären analoge, also physische Anleihen. Diese oft kunstvoll aus­gestalteten Dokumente finden sich aber schon seit langer Zeit nur mehr hinter vergilbten Bilder­rahmen; die Nostalgie lässt grüßen. Anleihen wechseln schon lange nicht mehr per Koffer im Zug den Besitzer.

Wir blicken gerade auf einen Digitalisierungs­schub im Wertpapierhandel zurück. Zeit­fresser im Handel sind Menschen, die sich überlegen, ob der Preis passt. Und vielleicht der eine oder andere Job, der die Orders nicht in Echtzeit weiterschiebt. Das liegt aber nicht daran, dass es technisch nicht möglich wäre, sondern weil es im Standard­handel keiner schneller braucht. Geht man in den Hoch­frequenz­handel, taucht man ohnehin in eine andere Welt ein, in der die Frage Blockchain ja oder nein nur von untergeordneter Bedeutung wäre. Zudem sprechen wir derzeit von Primär­emissionen von Blockchain Anleihen, ein freier Handel jedoch spielt in einer ganz anderen Liga.

Das heißt aber nicht, dass es in der Abwicklung im Anleihen­markt keinen Verbesserungs­bedarf gäbe. Man darf hier nicht vergessen, dass es Kupon­zahlungen gibt und Tilgungen, Kapital­maßnahmen für außer­ordentliche Ereignisse und Banken, die ihre Konto­verbindungen oder Lager­stellen wechseln. Zudem gibt es Kommunikations­standards, die sich durch individuelle Inter­pretationen auszeichnen. Die Ineffizienzen finden sich aber nicht in der grund­legenden Technologie der technischen Abbildung von Anleihen.

Ein Umstieg auf die Blockchain­technologie wird sich wohl erst dann lohnen, wenn alle zuvor angesprochenen Frage­stellungen effizienter gelöst werden, wie es derzeit der Fall ist. Das hätte aber wenig mit der Blockchain­technologie selbst zu tun, sondern mit der damit verbundenen Möglichkeit, bei der Neu­entwicklung von der grünen Wiese weg, Erfahrungs­werte der etablierten Verwaltung mit einfließen lassen zu können. Dafür sollte aber nicht allzu viel Zeit vergehen, denn auch Alt­her­gebrachtes ist nicht vor Verbesserungen gefeit.

 

1) Den dazugehörigen Artikel mit weiteren Details finden Sie hier.

Stefan Winkler
Vorstand
Stefan Winkler

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