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21. August 2025

Volatility in a nutshell | 1

Wenn Sie sich in die Welt der Optionen begeben, empfiehlt sich ein genauerer Blick auf die Volatilität. Er kann helfen, die möglichen Folgen des Investments besser abzuschätzen. Die Volatilität enthält zudem höchst interessante Informationen für das Ertragspotenzial der zugehörigen Option. Dabei handelt es sich um Erkenntnisse statistischer Natur, die mit Unsicherheit behaftet sind.

Aber auch diese können äußerst wertvoll sein, was ein Vergleich zeigt. Setzen Sie an einem fairen Roulettetisch auf Rot oder Schwarz, werden Sie zu 48,6% ihren Einsatz verdoppeln. Die Kehrseite: Mit 51,4% verlieren sie ihren Einsatz, im Mittel werden Sie ca. 2,7% ihres Einsatzes pro Spiel zu verlieren. Die Volatilität ist eine Schlüsselkennzahl für ähnliche Überlegungen am Optionsmarkt.

Ich lade Sie in diesem ersten Teil auf eine Aufwärmrunde ein, in der wir gemeinsam Nutzen und Einsatzmöglichkeit dieses doch etwas abstrakten Streumaßes „Volatilität“ in Erinnerung rufen. Einige wesentliche Charakteristika runden den heutigen Blog ab, um ein erstes Gefühl für potenzielle Stolperfallen zu entwickeln. Worüber kann ich großzügig hinwegsehen, was verdient dann aber doch noch etwas mehr Aufmerksamkeit? Diese Fragen gilt es zu klären. Los geht´s!

Ein ordentlich gebauter Roulettetisch liefert fast laborhafte Rahmenbedingungen – die wir am Kapitalmarkt so nicht vorfinden. Mit statistischen Verteilungsmodellen lässt sich aber auch der Kapitalmarkt ordentlich beschreiben. Dabei dürfen wir jedoch nicht vergessen, dass diese zu kalibrieren sind. Das führt zu zwei Herausforderungen: Erstens müssen diese Modelle nicht immer passgenau sein, zweitens können wir nur mit historischen Daten justieren. Die damit einhergehend höhere Komplexität im Optionsmarkt hat aber auch Vorteile. Sie sind als Investor im Vorhinein weder bevorzugt noch benachteiligt. Die Attraktivität (bzw. der Erwartungswert des Gewinnes oder Verlustes) verändert sich ständig. Darüber kümmern wir uns aber später.

Bei Optionen zeigt Volatilität einen Hybridcharakter, sie begegnet uns gleichermaßen als risiko- und als ertragsrelevante Kennzahl. Der Einfluss als ertragsrelevante Kennzahl ist einfacher zu fassen, denn hier geht es nur um ihre Eigenschaft als beschreibende statistische Kenngröße. Mit ihrem Partner Erwartungswert liefert sie die wesentlichen Informationen für eine Beschreibung der Verteilung von Renditen des Underlyings. Wenn der Marktkurs bei 100 liegt und ich ein Recht habe, nach einer gewissen Frist bei 110 zu kaufen, dann ist es von entscheidender Bedeutung, ob der Erwartungswert bei 95 oder 105 liegt, und ob dieser Erwartungswert mit Sicherheit (Volatilität = 0) oder höchst unsicher erreicht wird (also z.B. auch ein Kurs von 130 möglich ist, bei dem sich ein Kauf zu 110 lohnt)

Betrachten wir die Volatilität als Risikokennzahl, dann sollten wir sie doppelt im Blick haben. Denn Beobachtungen am Kapitalmarkt zeigen, dass mit der Marktbewegungen des Underlyings – die Wahrscheinlichkeit kann mithilfe der Volatilität abgeschätzt werden – Veränderungen der impliziten Volatilitäten einhergehen. Die Veränderung impliziter Volatilitäten kann so interpretiert werden, dass Marktteilnehmer ihre Einschätzung darüber ändern, wie stark das Underlying schwanken wird – was mit einer Anpassung des Optionspreises verbunden ist. Implizite Volatilitäten korrelieren mit Basismärkten – dieser Zusammenhang ist allgemein bekannt. Es stellt sich die Frage, wie genau dieser Zusammenhang aussieht und den Preis einer Option beeinflusst. Der Effekt kann so stark sein, dass eine Absicherung mit Optionen bei Kursverlusten des Underlyings komplett wirkungslos wird und zumindest temporär den Verlust noch verstärkt. Das führt zur unangenehmen Situation, ein für einen Kursverlust grundsätzlich richtiges Absicherungsinstrument zum grundsätzlich richtigen Zeitpunkt eingesetzt zu haben, und trotzdem nicht davon profitieren zu können.

Volatilität ist eine grundlegende beschreibende Kennzahl der Schwankungen eines Marktes. Die obigen Graphiken zeigen ein langfristiges Histogramm des S&P 500 Index sowie das Ergebnis der Periodenumrechnung vs. gemessener Werte von Volatilitäten. Das Histogramm soll den Verteilungscharakter des Index ins Gedächtnis rufen. In der zweiten Graphik habe ich Ihnen gemessene Volatilitätswerte und die rechnerisch zu erwartenden Volatilitäten der Perioden von einem Tag bis zu einem Jahr übereinandergelegt. Das soll in Erinnerung rufen, dass mit der Wahl eines Verteilungsmodells (Normalverteilung), die implizit mit der Wahl der Volatilität verbunden ist, mathematisch relevante Schlussfolgerungen und Zusammenhänge übernommen werden. Die Graphik visualisiert auch, wie gut bzw. schlecht das passt. Die beiden Linien sollten übereinanderliegen.

Die nächste Graphik zeigt einen Zeitausschnitt mit Volatilitätsschwankungen – sowohl implizit als auch gerechnet, sowie Volatilitätsdifferenzen. An der linken Skala können Sie ablesen, in welchen Bereichen sich die (annualisierte) Volatilität bewegt hat.

Es ist gut zu sehen, dass z.B. die Annahme gleichbleibender Volatilität (auf die wir später noch kommen werden) berücksichtigen muss, dass sich das temporär ganz anders verhalten kann. Ganz zu schweigen davon, dass die Höhe der impliziten Volatilität an unterschiedlichen Messpunkten in den Optionsmärkten differiert. Doch auch hierzu in einem späteren Blog mehr.

Lassen Sie uns zusammenfassen: Volatilität hat viele Gesichter. Das wichtigste davon ist, dass sie sehr einfach grundlegende Eigenschaften einer Normalverteilung repräsentieren kann, mit der das Kursverhalten von Kapitalmärkten gut eingefangen werden kann. Und das liefert uns das Werkzeug dazu, vergleichsweise einfach Ertragspotenzial und Risiko eines Optionsinvestments zu bestimmen. Die ersten Einblicke sollen Ihnen aber auch schon eine Idee davon geben, dass Sie – falls Sie wieder mal einen Optionsrechner auspacken oder mit den berühmten „Griechen“ Ihre Risiken abschätzen, möglicherweise einen zweiten Blick wagen sollten.

Fortsetzung folgt.

Stefan Winkler
Vorstand
Stefan Winkler

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